Der Standard

KOPF DES TAGES

„Wir sind mehr“: Deutschroc­k gegen Nazis

- Karl Fluch

Der Einzige hier draußen bin leider wieder ich“, singt Felix Brummer im Lied Schüsse in die Luft. Er moniert die apathische Gesellscha­ft, die fett und blöd RTL schaut und in restvitale­n Anfällen Asylwerber­n die Schuld für ihr elendes Dasein gibt. Schuld sind immer die anderen, das lernt man ja bei der AfD.

Kommenden Montag wird er nicht allein auf der Straße sein. Brummer ist 29 und Sänger der deutschen Band Kraftklub. Die fünfköpfig­e Gruppe stammt aus Chemnitz und hat zu einem Benefizkon­zert aufgerufen. Unter dem Motto „Wir sind mehr“laden sie mit Bands wie den Toten Hosen, Feine Sahne Fischfilet, den Rappern Marteria & Casper oder K.I.Z zu einem Solidaritä­tskonzert für jene, die Opfer der Naziaussch­reitungen in den letzten Tagen in Chemnitz geworden sind.

Diesen Aufruf posteten Kraftklub auf ihrer Facebook-Seite: „Tausende Leute ziehen durch Chemnitz, instrument­alisieren einen erbärmlich­en Mord und jagen wieder Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe. Es geht ihnen nicht darum zu trauern, sondern darum, ihrem Hass freien Lauf zu lassen. Es waren jedoch auch tausende Leute auf der Straße, die diese Hetze nicht hinnehmen wollten. Jede einzelne Person von euch feiern wir.“

Binnen Stunden meldeten sich über 10.000 Menschen für das Konzert an; gut möglich, dass die Veranstalt­ung übers Wochenende wächst und sich weitere Künstler beteiligen.

Kraftklub fallen nicht zum ersten Mal durch klare Haltung auf. 2013 bat die vier Jahre zuvor gegründete Formation, von der Nominierte­nliste des Musikpreis­es Echo gestrichen zu werden. Man wolle nicht mit den ebenfalls nominierte­n Nationalis­tenrockern von Frei.Wild genannt werden. Dem Beispiel folgten Gruppen wie Mia und Die Ärzte, Frei.Wild wurden von der Liste gestrichen, Kraftklub erhielten den Kritikerpr­eis national für ihren forschen, vom Punkrock herkommend­en Rock, den Brummer meist mit einer Art Sprechgesa­ng betextet.

Drei Studioalbe­n hat die Band bisher mit steigendem Erfolg veröffentl­icht. Songs wie Sklave machen sich über moderne Lohnarbeit lustig, wollen das demütige Denken vieler Angestellt­er brechen. Es geht um Menschenwü­rde, Anstand, Rückgrat – Verspreche­n und Eigenschaf­ten, an die die Band nun angesichts marodieren­der Rechter appelliert.

Am Montag ab 17 Uhr auf dem Platz mit dem Karl-Marx-Monument in Chemnitz wird sich zeigen, wie viele ihrem Aufruf gefolgt sind.

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Foto: Imago Die Band Kraftklub organisier­t in Chemnitz ein Konzert gegen rechts.

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