Kopf des Tages
Der einflussreiche Ex-BVT-Chef Gert-René Polli kehrt als einfacher Referent in das Innenministerium zurück.
Dass die EU-Kommission nach einer Onlineumfrage, an der gerade einmal 0,9 Prozent der EU-Bürger teilgenommen haben, das Ende der Zeitumstellung ausruft, ist absurd. Eine solche Umfrage ist nicht repräsentativ; die Gegner sind meist viel motivierter als die Befürworter des Status quo. Dies als Votum der Europäer zu sehen ist eine Perversion der direkten Demokratie.
Doch in einem weiteren Sinn hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker recht: Die halbjährliche Zeitumstellung wird von vielen als eine von oben – sprich von Brüssel – aufgezwungene Zumutung gesehen und schürt so die Anti-EU-Stimmung. Es ist kein Zufall, dass Rechtspopulisten wie die FPÖ sich voll auf das Thema setzen.
Von der Sache her sind viele Positionen vertretbar. Die Studien, die gesundheitliche Schäden durch das Drehen an der Uhr feststellen, sind wissenschaftlich fragwürdig; dass eine Stunde früher oder später aufzustehen krank macht, ist nicht plausibel. Aber genauso wenig überzeugen die Argumente, wonach die Sommerzeit Energie spart.
Es läuft viel mehr auf eine Frage der Lebensqualität hinaus. Eine Stunde mehr Licht an Sommerabenden ist für viele ein Gewinn, anderen weniger wichtig. Vor- und Nachteile hängen auch davon ob, wo man in der Zeitzone lebt – im Osten, etwa in Wien, oder weiter im Westen.
Die EU-Kommission und die Bundesregierung treten nun für eine ganzjährige Sommerzeit ein. Damit würde Europa seine Zeitzone nach Osten verschieben und die Menschen praktisch dazu zwingen, früher aufzustehen. Im Dezember ginge etwa in Paris die Sonne dann erst kurz vor zehn Uhr auf. Eine sinnvolle Lösung ist das nicht.
In einem demokratischen Europa sollten die Menschen bei einem so persönlichen Thema eine Mitsprache haben. Aber dafür reicht eine Onlineumfrage nicht. Sinnvoll wäre es, in den kommenden Jahren einige Varianten auszuprobieren – also etwa ab Oktober 2019 ein Jahr lang bei der Sommerzeit zu bleiben und im Oktober 2020 auf ein Jahr Winterzeit zu wechseln. Im Herbst 2021 könnte man die Europäer noch einmal und genauer befragen. Die Beteiligung wäre dann sicher höher: Nach drei Jahren solcher Versuche hätte wohl jeder dazu eine Meinung.
Wichtig ist, dass die EU-Staaten im Gleichschritt handeln. Sonst bricht in Europa das Chaos aus. Es wäre außerdem ein furchtbares Signal, wenn das Kerngebiet des Kontinents nicht einmal mehr eine gemeinsame Zeit hätte.