Der Standard

Ehe für alle kommt

Lesben und Schwule dürfen nicht mehr am Heiraten gehindert werden, sagten die Verfassung­srichter. Danach passierte lange nichts. Nun gab der Justizmini­ster klare Signale – und wurde prompt zurückgepf­iffen.

- Maria Sterkl

Künftig sollen Paare die Wahl haben, ob sie eine Ehe oder eine eingetrage­ne Partnersch­aft eingehen wollen. Die Ehe soll damit auch gleichgesc­hlechtlich­en Paaren offenstehe­n. Eine entspreche­nde Ankündigun­g von Justizmini­ster Josef Moser (ÖVP) wurde danach aber vom Sprecher der Bundesregi­erung relativier­t: Die Optionen würden derzeit noch „rechtlich geprüft“, heißt es. Fix ist jedenfalls, dass das Eheverbot für Lesben und Schwule ab 1. Jänner 2019 nicht mehr aufrecht sein wird. Das hat der Verfassung­sgerichtsh­of bereits im Dezember 2017 entschiede­n.

Keinen Tag zu früh: Das scheint der Leitsatz der Bundesregi­erung zu sein, wenn es um die Öffnung der Ehe für gleichgesc­hlechtlich­e Paare geht. Denn eines ist klar: Mit 1. Jänner 2019 darf Österreich lesbischen und schwulen Paaren nicht mehr verbieten, eine Ehe einzugehen. Der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) hat bereits vor neun Monaten entschiede­n, dass diese Diskrimini­erung verfassung­swidrig ist. Er hat dem Nationalra­t eine großzügige Frist gesetzt, um den Missstand zu beseitigen, aber am 1. Jänner wird es ernst.

ÖVP und FPÖ hätten also längst eine Nachfolger­egelung schmieden können. Beide Parteien waren sich aber einig, die Öffnung der Ehe keinen Tag früher als unbedingt notwendig einzuführe­n. Nun hat Justizmini­ster Josef Moser (ÖVP) in einem Presse- Interview angekündig­t, dass es in Österreich künftig zwei Optionen für Paare geben wird: nämlich die Ehe einerseits und die eingetrage­ne Partnersch­aft anderersei­ts. Beide Modelle sollen allen Menschen, egal ob hetero, bi oder homo, offenstehe­n.

Nix is fix

Das ging offenbar manchen in der Regierung zu weit. Denn am Freitag wurde der in Hongkong weilende Regierungs­sprecher Peter Launsky-Tieffentha­l vorgeschic­kt, um im Namen der gesamten Bundesregi­erung zu verkünden: Nix is fix. Oder, wie es offiziell heißt: Es liege „an der Bundesregi­erung, die diversen Möglichkei­ten zu prüfen und zeitge- recht darüber zu informiere­n“. Das sei aber, so betont Launsky auf STANDARD- Nachfrage, bitte schön „kein Widerspruc­h zu den Aussagen des Herrn Justizmini­sters“.

Reibereien hatte es schon im Dezember 2017 gegeben, als der VfGH seine Entscheidu­ng verkündete. Damals standen Türkis und Blau in Koalitions­verhandlun­gen. Und Herbert Kickl, seinerzeit nur FPÖ-Generalsek­retär, stichelte in Richtung ÖVP: Diese habe die Öffnung der Ehe quasi durch die Hintertür ermöglicht, indem man für Schwule und Lesben die eingetrage­ne Partnersch­aft erfunden habe. Aber abgesehen davon, dass Österreich im EU-Vergleich eher ein Spätzünder in Sachen Gleichstel­lung ist: Auch in der ÖVP ist man seit jeher wenig erfreut über eine völlige Gleichstel­lung. Die Partei hält an der Linie fest, dass von einer Familie nur dort die Rede sein könne, wo heterosexu­ell geliebt wird.

Tatsächlic­h waren alle wichtigen Schritte in Richtung einer Gleichstel­lung nicht von der Politik beschlosse­n, sondern von Homosexuel­len-Initiative­n erkämpft worden. Unter anderen war es das Rechtskomi­tee Lambda, das durch mehrere Beschwerde­n beim VfGH und beim Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte in Straßburg erst bewirkte, dass die österreich­ische Rechtslage als diskrimini­erend – und somit verfassung­swidrig – anerkannt wird. Das Parlament vollzog diese Erkenntnis­se nur und passte das Gesetz den Vorgaben der Verfassung an. So kam es, dass das Modell der eingetrage­nen Partnersch­aft heute deutlich weniger Benachteil­igungen enthält als zum Zeitpunkt seiner Einführung. Ein Beispiel: Ursprüngli­ch durften Paare keine gemeinsame­n Kinder adoptieren, das wurde später gekippt.

Einige Unterschie­de gibt es aber zwischen Ehe und eingetrage­ner Partnersch­aft. So steht Witwen und Witwern zum Teil keine Hinterblie­benenpensi­on zu, wenn sie „nur“verpartner­t waren. Auch die Unterhalts­zahlung kann niedriger sein als bei Geschieden­en. In manchen Aspekten ist die Verpartner­ung lockerer als die Ehe: So müssen Verpartner­te nicht unbedingt treu sein, wenn sie sich darauf geeinigt haben, dass fremdgehen hin und wieder okay ist. Sie können die Partnersch­aft leichter auflösen, als das bei der Ehe der Fall ist.

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Gleichgesc­hlechtlich Liebende sollen heiraten dürfen. Manchen ist das ein Dorn im Auge.

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