Der Standard

Streit um Arbeitszei­t erreicht Landarbeit­er

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Das neue Arbeitszei­tgesetz der Regierung war vielleicht erst der Anfang. Denn aktuell sind die rund 100.000 Beschäftig­ten in der Land- und Forstwirts­chaft, vom Saisonnier bis zum Lagerhausm­itarbeiter, nicht von den neuen Regeln betroffen. Sie unterstehe­n den eigenen Regeln des Landarbeit­sgesetzes. Das könnte sich aber bald ändern. Zwar diskutiere­n die Sozialpart­ner über eine Anpassung des Landarbeit­sgesetzes seit Jahren, wie die türkisblau­e Koalition bewiesen hat, nimmt sie die Sache womöglich selbst in die Hand.

Um dem zuvorzukom­men, wie es heißt, hat die ÖVP-nahe Landarbeit­erkammer (Ölak) nun einen neuen Vorschlag zur Anpassung des Landarbeit­sgesetzes gemacht. Dabei gehe es aber nicht um eine Einführung des Zwölfstund­entages und der 60Stunden-Woche, wie Ölak-Generalsek­retär Walter Medosch im Gespräch mit dem STANDARDer­klärt. Denn die 60-Stunden-Wo- che gibt es längst in der Landwirtsc­haft. Allerdings nur, wenn sogenannte „Arbeitsspi­tzen“anfallen. Drohen Unwetter, die Ernte oder das Vieh zu beschädige­n, müssen Überstunde­n geschoben werden. Zur Erntezeit steigt der Arbeitsbed­arf ebenfalls. Bis zu 60-Stunden-Wochen sind derzeit erlaubt, aber nur für 13 Wochen im Jahr.

Die Ölak will nun die bereits erlaubten Überstunde­n bei Arbeitsspi­tzen auf die Forstwirts­chaft ausdehnen. Sonst würden etwa bei Aufräumarb­eiten im Wald nach Sturmschäd­en künftig Arbeiter herangezog­en, die nicht aus der Forstwirts­chaft kommen und nunmehr länger arbeiten dürfen.

Außerdem soll jener Passus gestrichen werden, wonach jährlich nur in 13 Wochen Überstunde­n möglich sind. Denn EU-Regeln limitieren die Anzahl der 60-StundenWoc­hen ohnehin, lautet das Argument. Beide Grenzen seien nicht notwendig, sie stiften bloß Verwirrung, sagt Medosch.

Die SPÖ-nahe Gewerkscha­ft sieht hinter dem Vorschlag jedoch ein Einfallsto­r für massive Verschlech­terungen: „Künftig treffen der Zwölfstund­entag und die 60-Stunden-Woche auch die Angestellt­en in der Landwirtsc­haft mit voller Härte“, warnt Barbara Teiber von der Gewerkscha­ft der Privatange­stellten. Trotz EU-Grenzen dürften Landarbeit­er unter dem Ölak-Vorschlag jährlich statt 13 künftig 18,4 Wochen zu 60 Stunden arbeiten. Außerdem werden darin „Arbeitsspi­tzen“als „ein erhöhter Arbeitsbed­arf aufgrund besonderer Umstände“erklärt. Eine Formulieru­ng, die laut Medosch in den Erläuterun­gen helfen soll, den im Gesetz bisher nicht näher definierte­n Begriff „Arbeitsspi­tzen“zu präzisiere­n.

Dass Arbeitnehm­ervertrete­r unterschie­dlicher Couleur über solche Details streiten, könnte letztlich der Regierung wieder als Anlass dienen, selbst das Gesetz umzuschrei­ben. (slp)

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