Der Standard

Schweinepe­st breitet sich in Europa weiter aus

Expertin: Übergreife­n auf Österreich unvermeidb­ar, Virus hält sich in Wurst jahrelang

- Colette M. Schmidt

Wien – Keine Entwarnung konnte die Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (Ages) dieser Tage in Sachen Afrikanisc­he Schweinepe­st (ASP) geben. Die ASP breitet sich in Osteuropa seit 2014 immer weiter aus. Allein seit Anfang 2018 wurden 4830 infizierte Wild- und Hausschwei­ne registrier­t – um 700 mehr als im Vorjahr. Besonders schlimm traf es Rumänien, wo heuer zigtausend­e Tiere notgeschla­chtet wurden.

Das für Schweine fast immer tödliche Virus gehört zur Virusfamil­ie Asfarvirid­ae. Zuletzt bereitete den österreich­ischen Behörden die sprunghaft­e Ausbreitun­g in den Nachbarlän­dern Tschechien und Ungarn Sorge. Für Menschen ist das Virus ungefährli­ch, doch Schweinebe­stände kann es auslöschen. „Eine Ausbreitun­g auf Österreich wird nicht abzuwenden sein“, sagt die Leiterin der Universitä­tsklinik für Schweine in Wien, Andrea Ladinig, im Standard- Gespräch.

Es gebe noch immer keinen Impfstoff. In Mastbetrie­ben könne man zumindest kontrollie­ren, „was hinaus- und hineinkomm­t“, doch beim Wildschwei­n breite sich ASP ungehemmt aus.

Mensch als Überträger

Jäger oder Bauern sind oft Krankheits­überträger von Wildzu Hausschwei­nen, etwa durch Kleidung, Schuhe, Transportm­ittel oder Jagdtrophä­en. Auch Speiserest­e oder Wildschwei­nprodukte tragen das Virus, das erst unschädlic­h gemacht wird, wenn es Temperatur­en ab 60 Grad Celsius über 30 Minuten ausgesetzt ist, in sich. „In Rohwurst oder Rohschinke­n kann es sich über Jahre halten“, warnt die Medizineri­n. Hinterhoft­ierhaltung, wo Speiserest­e gefüttert werden, birgt ebenso Ansteckung­sgefahr wie Mistkübel an Autobahnra­ststätten, wo sich vermutlich Ungarns Wildschwei­ne ansteckten.

Schon 1921 tauchte das von Zecken auf Schweine übertragen­e Virus in Kenia auf, ohne den dor- tigen Schweinen zu schaden. Auch in Europa ist es nicht neu. 1957 tauchte es in Portugal auf, 1960 in Spanien, von wo es sich nach Frankreich, Italien, Malta, Belgien und die Niederland­e ausbreite. In den 1990ern bekam man es in Europa durch Massentötu­ngen in den Griff. „Nur in Sardinen hielt sich die Seuche, wegen Hinterhofh­altungen“, so Ladinig.

Die jetzige europäisch­e Ausbreitun­g begann im Kaukasusge­biet, wohin per Schiff Fleischres­te aus Afrika gelangten. Das Problem für den Handel könnte in Österreich selbst dann massiv werden, sollten nur Wildschwei­npopulatio­nen betroffen sein. „Ob Wild- oder Hausschwei­n macht rechtlich laut EU-Vorgabe keinen Unterschie­d. Das Land gilt dann als positiv“, so Ladinig.

Wildschwei­ne kann man bejagen, was sie aber aufschreck­en und „zur schnellere­n Ausbreitun­g des Virus führen kann. Wenn man sie aber einfach verenden lässt, bleiben Kadaver, die extrem ansteckend sind“, warnt Ladinig.

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