Der Standard

Industrie in den zwei Burgenländ­ern

Der Norden ist Teil eines europäisch­en Industrier­aums. Der Süden bittet um gute Verbindung­en nach Graz. IV-Chef Manfred Gerger hat eine To-do-Liste für den designiert­en LH Hans Peter Doskozil.

- Wolfgang Weisgram

Als Industries­tandort von Rang ist das Burgenland nie im Gerede gewesen. Aber zu unterschät­zen ist Österreich­s östliche Peripherie nicht. Veritable Weltmarktf­ührer finden sich hier: Mareto in Parndorf/Pandrof etwa mit seinen Kunststoff­tuben für Kosmetika; oder Isosport in Eisenstadt mit seinen Ski-Lauffläche­n. Traditions­unternehme­n wie Felix in Mattersbur­g gibt es, aber auch durch Ziel-1-Gelder ins Land gelockte Betriebe wie etwa LenzingLyo­cell im südburgenl­ändischen Heiligenkr­euz, das sich dort aber so weit verwurzelt­e, dass trotz der weltweiten Konkurrenz im Vorjahr 70 Millionen Euro in die Hand genommen wurden, um ausgerechn­et hier zu investiere­n.

„Trotz allem“, wie Manfred Gerger gerne dazusagt. Denn gerade der Wirtschaft­spark Heiligenkr­euz und sein Leitbetrie­b Lyocell seien ein Beispiel dafür, was nicht nur im Burgenland, wenn schon nicht falsch, so doch patschert laufe.

Gerger ist Präsident der burgenländ­ischen Industriel­lenvereini­gung. Als geborener Güssinger und nunmehrige­r Chef des Großpeters­dorfer Autozulief­erers Hella ist er aber in erster Linie ein Südburgenl­änder.

Wie all seine südburgenl­ändischen Landsleute spricht er, spricht er übers Burgenland, gerne in der Mehrzahl. Der Norden sei mit seiner Teilhabe an den großen Zentralräu­men Wien, Bratislava und Győr nämlich nicht vergleichb­ar mit dem infrastruk­turell so benachteil­igten Süden.

Als eine der zentralen Investitio­nen der ersten Ziel-1-Periode von 1995 bis 1999 gilt Heiligenkr­euz zum Beispiel als Modell einer gelungenen Anschubför­derung der EU. Mittlerwei­le aber auch als eines der zentralen Argumente für die Genehmigun­gs- beschleuni­gung durch das neue Standortsi­cherungsge­setz.

Seit Mitte der 1990er-Jahre wird versucht, Heiligenkr­euz (und den ungarische­n Nachbarn Szentgotth­árd) mit der 30 Kilometer entfernten A2 hochrangig – mit der mittlerwei­le zum Seufzer geratenen S7 – zu verbinden. Gewiefte Gegner konterten stets geschickt. Nun soll – angeblich – endgültig doch gebaut werden. Und – angeblich – auch die Ostbahn bis Graz so elektrifiz­iert werden, wie die Ungarn das mit ihrer Westbahn bis Szentgotth­árd längst schon getan haben.

Das Burgenland sei insgesamt zu Wien-gewichtet. „Dabei ist Heiligenkr­euz ja nur 80 Kilometer von Graz entfernt.“Dem designiert­en Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil – der erste „Südliche“seit den späten 1950ern – hat IV-Chef Gerger schon ein paar diesbezügl­iche Einträge auf die To-do-Liste geschriebe­n.

Zum Beispiel, endlich den Landesentw­icklungspl­an ernst zu nehmen. Da sind sechs IndustrieS­tandortach­sen definiert, von Kittsee–Parndorf–Neusiedl bis hinunter nach Jennersdor­f–Heiligenkr­euz. „Die Bürgermeis­ter unterschät­zen oft die infrastruk­turellen Investitio­nen.“Wasser- und Energiever­sorgung, Abwasser – damit sei dann eine bloß auf die Kommunalst­euer schielende Gemeinde bald auch überforder­t. Der Ansiedelun­gswettlauf ließe sich durch einen Kommunalst­euerausgle­ich leicht verhindern, „wie es ja auch bei der Therme in Frauenkirc­hen passiert ist“.

Den fundamenta­len Strukturwa­ndel habe die burgenländ­ische Industrie, die stolz ist auf eine mehr als 50-prozentige Exportquot­e, hinter sich. Verlängert­e Werkbänke gibt’s keine mehr, Förderabzo­cker mangels Förderung auch nicht – oder kaum – mehr. Jetzt gelte es, den Standort mit Hirnschmal­z zu schmieren.

Da sei vieles schon geschehen, zuletzt ein optoelektr­onischer Forschungs­standort von Joanneum Research in Pinkafeld oder ein optoelektr­onischer Masterlehr­gang in Fürstenfel­d. Dem Hans Peter Doskozil bleibe aber noch reichlich zu tun.

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Ein sehr ungewohnte­r Blick auf die burgenländ­ische Landeshaup­tstadt. Die Industries­tadt Eisenstadt beherbergt mit Isosport aber immerhin den Weltmarktf­ührer bei Ski-Lauffläche­n und Tennissait­en.

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