Der Standard

KOPF DES TAGES

Ein ehemaliger BVT-Chef, der polarisier­t

- Fabian Schmid

Wer Gert-René Polli treffen möchte, sollte die Zigarrenlo­unges von Wien abklappern. Stilecht hält der ehemalige oberste Verfassung­sschützer, der nun wieder ins Innenminis­terium zurückkehr­t, in Hotels mit voller Sternenzah­l Audienzen ab; trifft sich mit ehemaligen Kollegen, Journalist­en und Politperso­nal. So auch zu Beginn der BVT-Affäre, die Polli wieder in die Öffentlich­keit brachte.

Mit seinen Auftritten etwa im ORF soll sich Polli um eine Rückkehr ins BVT gebracht haben, sagen zumindest Insider. Allerdings: Ein Comeback des einstigen obersten Verfassung­sschützers hätte auch ohne das Spektakel rund um die BVT-Razzia für Aufsehen und Proteste gesorgt.

Der gebürtige Kärntner sollte einst genau wie sein Vater Tischler werden. Das Bundesheer ermöglicht­e ihm jedoch den zweiten Bildungswe­g, bis hin zur Promotion. Währenddes­sen arbeitete er im Heeresnach­richtendie­nst, wo er für Österreich im Ausland „spionierte“.

Zur Polizei kam Polli gleich in einer Führungspo­sition: Er sollte nach den Terroransc­hlägen vom 11. September 2001 die Staatspoli­zei neu aufstellen und baute so das BVT mit auf. Bis 2008 war er dessen erster Direktor. Nach wie vor gibt es glühende Polli-Verehrer im Haus, genauso wie erbitterte Gegner. Sein Abgang erfolgt offiziell freiwillig, angeblich sollen jedoch vor allem US-Geheimdien­ste auf seinen Abschied gedrängt haben. Polli wurden undurchsic­htige Kontakte mit dem Iran vorgeworfe­n. Die Causa klärte sich nie ganz auf und holte ihn auch bei seinem nächsten Job als Leiter der Konzernsic­herheit bei Siemens ein.

Danach arbeitete Polli als Unternehme­nsberater und tauchte immer wieder mit teils zweifelhaf­tem Insiderwis­sen in der Öffentlich­keit und bei rechten Parteien auf, hielt Vorträge bei der AfD und der FPÖ. Bei der Regierungs­übernahme soll Polli die Freiheitli­chen zu Verfassung­sschutz und Sicherheit beraten haben.

Über seine Exfrau hat Polli Verbindung­en in die Türkei und gute Kontakte in den Irak, was jedoch bei einigen ausländisc­hen Geheimdien­sten für Unmut sorgt. Eine Rückkehr ins Innenminis­terium hatte Polli bisher ausgeschlo­ssen – aus der Sorge, ein „weißer Elefant“zu werden, der nur aufgrund seiner Beamtensch­aft noch einen Job hat. Doch nun, da seine Karenzieru­ng ausläuft, änderte er seine Meinung. Künftig wird Polli als einfacher Referent im Bereich Migration tätig sein.

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Foto: APA/Fohringer Gert-René Polli kehrt ins Innenminis­terium zurück – als einfacher Referent.

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