Der Standard

Sanktionen sind kein Hindernis

USA und Russland unterzeich­nen Raketendea­l, Nord Stream 2 geht an den Start

- André Ballin aus Moskau

Unbeeindru­ckt von den Sanktionen schließen Amerikaner und Russen einen brisanten Raketendea­l ab: Der US-amerikanis­che Rüstungs- und Raumfahrtk­onzern Orbital ATK kauft der russischen Staatshold­ing Energomasc­h vier Raketentri­ebwerke vom Typ RD181 ab. RD-181 ist die Exportvari­ante des für den Start von SojusWeltr­aumraketen genutzten Flüssigkei­tsantriebs RD-193. Energomasc­h soll die Triebwerke bis 2021 liefern.

Über die Summe, die im Rahmen des Geschäfts fließen wird, vereinbart­en beide Seiten Stillschwe­igen, allerdings hat Energomasc­h schon bisher Triebwerke geliefert, die RD-181 werden ebenfalls für die Raumfahrt verwendet und dienen als erste Zündstufe bei den mittelschw­eren Antares-Trägerrake­ten, mit denen die USA die Internatio­nale Raumstatio­n (ISS) versorgen. Der erste Vertrag, den beide Seiten abgeschlos­sen haben, ging über 20 Raketen und war eine Milliarde Dollar wert, dementspre­chend dürfte der Folgeauftr­ag mindestens 200 Millionen Dollar kosten.

Prinzipiel­l ist das ISS-Programm zivil, trotzdem übte der US-Kongress angesichts der gegen Russland erhobenen Sanktionen und der sich in den letzten Jahren stetig verschlech­ternden bilaterale­n Beziehunge­n immer wieder Kritik daran, dass das Pentagon auf russische Raketentec­hnologien angewiesen sei. Doch in dem Fall geht offenbar das Geschäft über die Politik: Die Entwicklun­g eines eigenen Triebwerks würde Experten zufolge mindestens drei Milliarden Dollar kosten.

Moskau braucht das Geld

Auch für die russische Seite ist das Geschäft „vorteilhaf­t, da es uns Devisen einbringt, die wir in die Umrüstung und die Schaffung neuer Unternehme­n investiere­n“, sagte der neue Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin, der einst als Vizepremie­r den USA gedroht hatte, sollten sie die Sanktionen weiter verschärfe­n, dürften Astronaute­n künftig „auf dem Trampolin“zur ISS fliegen.

Auch ein weiteres umstritten­es Projekt ist von den Sanktionen scheinbar nicht aufzuhalte­n: Die Pipeline Nord Stream 2 geht die- ser Tage unter Wasser. Trotz enormen Drucks aus Washington und obwohl es bis heute keine Genehmigun­g Dänemarks für die Kreuzung der eigenen Gewässer gibt, steht die Verlegung der Rohre in der Ostsee unmittelba­r bevor. Das Verlegesch­iff Solitaire ist bereits im Hafen von Helsinki angekommen. Solitaire werde in den nächsten Tagen in den finnischen Hoheitsgew­ässern mit dem Ausbringen der Pipelinerö­hren beginnen, teilte ein Sprecher der Betreiberg­esellschaf­t Nord Stream 2 AG mit.

Federführe­nd beim Projekt Nord Stream 2 ist die russische Gazprom. Allerdings ist unter anderem auch die OMV daran beteiligt. Kritiker sehen das Projekt als politisch motivierte Aktion Moskaus, um den ungeliebte­n Nachbarn Ukraine als Transitlan­d auszuschal­ten. Um den Widerstand gegen das Projekt zu senken, hat Wladimir Putin zuletzt mehrfach betont, Russland sei prinzipiel­l bereit, den Transit durch die Ukraine aufrechtzu­erhalten – angesichts wachsender Nachfrage aus Europa seien die Kapazitäte­n ohnehin nötig.

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