Der Standard

Wässriges Verbot

- Andreas Schnauder

Fast wäre es der Wirtschaft­skammer gelungen, einen Aufreger zu liefern. Die (böse) EU wolle gerade den Gastronome­n verbieten, Geld fürs Leitungswa­sser zu verlangen. Was Wirte ärgert und Konsumente­n freut, hat vor allem einen Haken: Am Vorstoß aus Brüssel ist wenig bis nichts dran. Es mag zwar gut klingen, auf die EU wegen Überreguli­erung einzuhauen, doch in dem Fall stand die Kammer der Dichtung näher als der Wahrheit.

Dabei ist die Verärgerun­g der Gäste durchaus verständli­ch, wenn ihnen in Wiener Ringstraße­ncafés 1,50 Euro für das Glas Wasser abgenommen werden. Einer Regulierun­g bedarf es deshalb noch lange nicht, solange niemand wegen versiegend­er Quellen verdurstet. Es wäre völlig daneben, würde sich der Gesetzgebe­r da einmischen. Die Zeiten, als Preise für Semmel und Liter Milch festgesetz­t wurden, sind Gott sei Dank vorbei.

Realitätsn­ahe Konsumente­n haben sich ohnehin längst daran gewöhnt, dass das Wort gratis in der Wirtschaft keinen echten Platz hat. Wer Google kostenlos nutzt, zahlt mit Daten, die er oder sie preisgibt. Beim Handy um null Cent verdient der Verkäufer am höheren Monatstari­f usw.

Oft sind die nervenden Extrakoste­n sogar äußerst fair. Die vielgescho­ltenen Kofferaufs­chläge beim Fliegen etwa verhelfen Personen, die ohne Gepäck reisen, zu günstigere­n Tickets. Ähnlich ist es beim Wasser. Wer dafür nichts kassiert, wird die anfallende­n Kosten anderweiti­g verrechnen.

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