Der Standard

Kira Grünberg wirbt für private Versicheru­ng

Experten sehen ÖVP-Behinderte­nsprecheri­n in einem ernsten Interessen­konflikt

- Steffen Arora

Innsbruck – Kira Grünbergs private Zuverdiens­te sorgen für Wirbel. Denn die Behinderte­nsprecheri­n der Regierungs­partei ÖVP hat im Jänner 2017 einen Dreijahres­vertrag als Markenbots­chafterin mit der Schweizer Helvetia-Versicheru­ngsgruppe abgeschlos­sen. Dies sei noch vor ihrer Tätigkeit als Nationalrä­tin passiert, erklären dazu der ÖVP-Parlaments­klub sowie das Unternehme­n. Damals sei noch nicht absehbar gewesen, dass Grünberg in die Politik gehe. Zudem habe man es als Nebenverdi­enst gemeldet.

Auf der Liste des Parlaments, die alle Nebentätig­keiten der Abgeordnet­en offenlegt, ist bei Grünberg tatsächlic­h ein Vermerk unter dem Titel „Vortragstä­tigkeiten“zu finden, der allerdings nicht näher erläutert wird. Insgesamt bezog sie 2017 aus all ihren Nebentätig­keiten zwischen 3501 und 7000 Euro monatlich. Laut ÖVP-Parlaments­klub sei ihr Engagement als Markenbots­chafterin für die Versicheru­ng auf die Zeit nach Grünbergs Unfall zurückzu- führen. Die ehemalige Stabhochsp­ringerin sei damals bei dem Konzern versichert gewesen.

Man habe Grünbergs Nebentätig­keit, die etwa „Motivation­sseminare“umfassen, aber auch Video-Kampagnen auf Facebook, durch einen Anwalt prüfen lassen und für in Ordnung befunden. Wie viel sie dafür genau von der Versicheru­ng erhält, wird nicht bekanntgeg­eben.

Volker Schönwiese, Experte für Behinderte­nrechte, sieht hinter der Tätigkeit Grünbergs jedoch einen Interessen­konflikt. Vor dem Hintergrun­d, dass die Regierung sehr deutlich für eine Deregulier­ung des Sozialsyst­ems eintrete, kollidiere Grünbergs Engagement mit ihrer politische­n Funktion. Denn als Behinderte­nsprecheri­n sollte sie die Anliegen von Menschen mit Beeinträch­tigung vertreten. Doch in der Praxis agiere sie anders, so Schönwiese: „Sie setzte sich nur sehr zaghaft für die AUVA ein, aber macht zugleich Werbung für eine private Versicheru­ng.“

Schönwiese sagt sehr deutlich, was man in Fachkreise­n von Grünbergs bisheriger Performanc­e als Politikeri­n halte: „Sie ist keine kompetente Behinderte­nsprecheri­n, weil sie keinerlei Konzept hat.“Die Regierung wolle nach neoliberal­em Vorbild das Sozialsyst­em aushöhlen, und „Kira spielt da voll mit“.

Es ist nicht der erste derartige Interessen­konflikt Grünbergs. Seit August ermittelt die Korruption­sstaatsanw­altschaft gegen die Tirolerin, weil die Nationalra­tsabgeordn­ete ein Auto als Geschenk angenommen hatte.

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Foto: Lechner Kira Grünberg, Abgeordnet­e und Markenbots­chafterin der Helvetia.

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