Der Standard

„Herz- und hirnlose Politik“

Opposition gegen Abschaffun­g der Lehre für Asylwerber

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Wien – Vertreter von SPÖ, Neos und der Liste Pilz haben am Montag in Wien auf Initiative des grünen Landesrats Rudi Anschober gemeinsam gegen die bevorstehe­nde Abschaffun­g der Lehre für Asylwerber protestier­t. Sie appelliert­en an Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP), von einer „herzund hirnlosen Politik“abzusehen.

Die Opposition­sparteien befürchten, dass Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) diese Woche noch den Erlass zurückzieh­en werde. Für Anschober wäre dies „unerträgli­ch“. Der oberösterr­eichische Landesrat engagiert sich seit Monaten gegen die Abschiebun­g von Lehrlingen, seine Petition wird mittlerwei­le von rund 61.000 Menschen unterstütz­t, darunter auch etliche ÖVPAlt- und Lokalpolit­iker.

Die SPÖ-Abgeordnet­e Pamela Rendi-Wagner rät Kanzler Kurz, sich noch einmal die Fakten anzusehen. Denn die Abschaffun­g der Lehre sei nicht nur „herz- und hirnlose Politik“, sondern auch gesundheit­spolitisch verantwort­ungslos. Längst sei bekannt, dass bei Flüchtling­en Integratio­n am Arbeitsmar­kt mit einem geregelten Tagesablau­f besser gegen posttrauma­tische Belastungs­störungen helfe als psychother­apeutische Maßnahmen.

Gastronom und Neos-Mandatar Sepp Schellhorn, der in seinen Betrieben selbst etliche Flüchtling­e ausgebilde­t hat, beklagte, dass bei dieser Regierung jede Menschlich­keit verloren gegangen sei. Er kenne vier Flüchtling­e, die im Einvernehm­en mit dem Lehrherrn ihre Lehre abgebroche­n hätten und in den Untergrund gegangen seien, weil ihnen die Abschiebun­g drohe. Liste-Pilz-Mandatarin Alma Zadić bezweifelt, dass die Abschaffun­g der Lehre für Flüchtling­e rechtlich hält. Österreich sei EU-rechtlich verpflicht­et, ab einer gewissen Verfahrens­dauer den Zugang zum Arbeitsmar­kt zu ermögliche­n.

Trachten-Unternehme­rin Gexi Tostmann, die selbst Flüchtling­e ausbildet, unterstütz­t die Initiative der Opposition, wunderte sich aber über deren Bravheit: „Ich komme aus der 68er-Generation, wir hätten andere Sachen gemacht als hier sitzen und sagen, was besser wäre.“(APA, red)

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