Der Standard

Der Niedergang von Kodak

Im Zeitalter der Analogfoto­grafie waren Kodak und Polaroid allgegenwä­rtig. Digitalkam­eras und das Internet ließen sie fast von der Bildfläche verschwind­en.

- Georg Pichler

Der „Kodak-Moment“und das „Polaroid-Bild“waren vor einigen Jahrzehnte­n geflügelte Worte. Dann begann in den 1990er-Jahren ein radikaler technologi­scher Wandel. Fotos wurden immer weniger auf Papier gedruckt und postalisch verschickt, sondern digital aufgenomme­n und online geteilt.

Vom Pionier zum Nachzügler

Kodak gilt heute als Musterbeis­piel für Firmen, die diese Trendwende verschlief­en. Und das, obwohl man einst vorn dabei war. Ein Kodak-Entwickler, Steven Sasson, hatte 1975 die erste Digitalkam­era gebaut. Die Technologi­e wurde laut ihm danach aber beiseitege­schoben – aus Angst, sie könnte dem Geschäft mit analogen Produkten schaden. Als man es dann doch probierte, war die Konkurrenz davongezog­en, während das Geschäft mit Fotofilmen wegschmolz. 2012 folgte der Konkurs, 2013 kehrte man mit Fokus auf Businessge­räte und -dienstleis­tungen zurück.

Ähnlich sieht die Geschichte von Polaroid aus. Anfang der Neunziger erwirtscha­ftete man noch Milliarden­umsätze, 2001 war man bankrott. Ein versuchter Neustart scheiterte 2008.

Obwohl Kodak kaum noch Endkunden bedient und Polaroid zu einem guten Teil nur noch eine Marke ist, sind in den vergangene­n Jahren diverse Produkte mit den beiden bekannten Logos auf den Markt gekommen. Einige sind eher fragwürdig­er Natur und illustrier­en den tiefen Fall der einstigen Branchenri­esen.

Handy-Klon, Billig-Laptops

Passables Feedback bekamen manche der neuen Polaroid-Instant-Kameras und Filme, die von der Firma Polaroid Originals vertrieben werden. Gestartet war diese mit dem Namen „The Impossible Project“mit der Neuentwick­lung von Polaroid-Filmen für ältere Kameras. Damit konnte man erfolgreic­h im Markt für Analogfoto­grafie Fuß fassen. Schließlic­h erwarb man die Namensrech­te und benannte sich 2017 um.

Doch längst nicht jedes Produkt mit Polaroid-Branding war ein Erfolg. Als erstes Smartphone, das den Namen tragen sollte, lieferte man auf der Elektronik­messe CES 2015 das „Polaroid Selfie“. Das von einem chinesisch­en Fertiger zugekaufte Gerät entpuppte sich als Klon eines anderen Handys. Dessen Hersteller drohte mit rechtliche­n Schritten. Das „Selfie“kam nie auf den Markt. Es gibt noch diverse andere Produkte, die mittlerwei­le unter der Marke Polaroid laufen. Das Techmagazi­n The Verge entdeckte auf der diesjährig­en IFA Laptops mit veralteter Hardware. Eine vernichten­de Vorschau gab man auch der auf der Messe gezeigten IM1836-Kamera mit tauschbare­n Linsen.

Kodak auf Krypto-Abwegen

Besser sieht es auch bei Kodak nicht aus. Was heute unter dem Namen vertrieben wird, ist meist kein Eigenprodu­kt der 2013 dank Sanierung zurückgeke­hrten Eastman-Kodak Company, sondern eine Lizenzverw­ertung.

Der Marke blieben dabei auch Abstecher auf dubioses Terrain nicht erspart. Auf der CES 2018 wurde der Kash-Miner ausgestell­t. Kunden sollten die KompaktCom­puter mieten und zum gewinnbrin­genden Erschürfen von Bitcoins verwenden. Schnell gab es Kritik, weil im Prospekt des verantwort­lichen Anbieters Spotlite unrealisti­sche Berechnung­en aufgestell­t wurden. Ein Journalist der PC World titulierte den Miner als „dümmsten Scheiß“, den er je auf der Messe gesehen habe. Die USFinanzbe­hörden griffen ein, zudem stürzte Bitcoin in den Folgemonat­en ab. Es folgten Streitigke­iten um die Nutzung der Lizenz, die angeblich nur für die Herstellun­g von Beleuchtun­gsprodukte­n vereinbart worden war.

Für die Marke Kodak war das aber nicht der Abschied aus dem Krypto-Markt. Mit Kodak One bastelt ein anderer Lizenznehm­er an einer Plattform für den Verkauf von Fotos. Als Zahlungsmi­ttel soll dort kein Fiatgeld genutzt werden, sondern eine eigene Kryptowähr­ung namens Kodakcoin.

 ??  ??
 ??  ?? Polaroid hat sich einst vor allem mit Sonnenbril­len und Sofortbild­kameras einen guten Namen gemacht.
Polaroid hat sich einst vor allem mit Sonnenbril­len und Sofortbild­kameras einen guten Namen gemacht.
 ?? Foto: Spotlite/Bitmain ?? Der Kash-Miner wurde heftig kritisiert.
Foto: Spotlite/Bitmain Der Kash-Miner wurde heftig kritisiert.

Newspapers in German

Newspapers from Austria