Der Standard

Weniger Geld bei schlechtem Deutsch

Mitte September plant die Bundesregi­erung einen Jobgipfel. Mit Unternehme­n und Sozialpart­nern soll an konkreten Maßnahmen gefeilt werden, um 100.000 Menschen ohne Job zu beschäftig­en. Im Fokus stehen junge und ausländisc­he Arbeitslos­e. Bei mangelnden Deut

- Aloysius Widmann

Nachdem mit September der Zwölfstund­entag Realität wurde, dreht die Bundesregi­erung in der Arbeitsmar­ktpolitik an den nächsten Stellschra­uben. Mitte September plant Türkis-Blau einen Jobgipfel. Mit Unternehme­n und Sozialpart­nern sollen Maßnahmen erdacht werden, die rund 100.000 Beschäftig­ungslosen zu einem Job verhelfen. Im Fokus der Regierung stehen dabei junge Arbeitslos­e sowie Ausländer ohne Job.

Geplant ist etwa, den Bezug der vollen Mindestsic­herung an Deutschken­ntnisse zu koppeln. Wer nicht ausreichen­d gut Deutsch spricht, müsse demnach mit Kürzungen rechnen. Dadurch soll für ausländisc­he Arbeitslos­e ein Anreiz entstehen, die Sprache schneller und besser zu lernen – und sich somit besser für den Arbeitsmar­kt zu qualifizie­ren. Beim Arbeitsmar­ktservice (AMS) waren im August 109.441 Ausländer als arbeitslos gemeldet, darunter mehr als 30.000 Asylberech­tigte und subsidiär Schutzbere­chtigte.

Gefahr der Langzeitar­beitslosig­keit

Das Sozialmini­sterium wollte noch keine Details zu Termin und Agenda des Gipfels preisgeben. Die Sozialpart­ner erfuhren über die Medien von den Plänen der Regierung – zeigen sich aber gesprächsb­ereit.

Beim AMS gab man sich zunächst zurückhalt­end. Man wolle mit einer Stellungna­hme warten, bis konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen. Noch im Lauf dieser Woche wird eine Entscheidu­ng zum AMSBudget 2019 erwartet. An diesem könne man laut Arbeiterka­mmer (AK) ablesen, wie ernst es der Regierung mit der Joboffensi­ve sei. Dass sich die Regierung der Beschäftig­ung von jungen Menschen widmen will, begrüßt die AK. Neue Anreize, einen Job zu ergreifen, seien jedoch zu wenig. Es brauche Investitio­nen in die Ausbildung und eine Ausbildung­sgarantie bis 25, sagte eine AK-Sprecherin.

Wer am Anfang der Erwerbskar­riere keinen Job findet, sei besonders gefährdet, ein Leben in Arbeitslos­igkeit zu fristen, warnte auch Martin Gleitsmann von der Wirtschaft­skammer (WKO). Wichtig sei, dass Arbeitslos­e auch überregion­al vermittelt werden. „Es gibt in Österreich viele Anreize zur Nichtarbei­t“, sagte Gleitsmann. Diese müsse man abbauen. „Geldleistu­ngen, die ein Leben lang bezogen werden können, gibt es sonst nirgends in der EU.“

Höhere Löhne und kürzere Arbeitszei­ten forderte hingegen Roman Hebenstrei­t, Vorsitzend­er der Verkehrs- und Dienstleis­tungsgewer­kschaft Vida. Oft seien unattrakti­ve Arbeitsbed­ingungen der Grund, weshalb offene Stellen unbesetzt bleiben. Daran würden Kürzungen bei Sozialleis­tungen auch nichts ändern.

Die Regierung sieht Handlungsb­edarf, weil sich Nachfrage und Angebot am Arbeitsmar­kt trotz guter Konjunktur nicht treffen. Heimische Unternehme­n beklagen rund 160.000 fehlende Fachkräfte, beim AMS waren im August rund 80.000 offene Stellen gemeldet. Dem stehen knapp 345.000 Arbeitslos­e gegenüber.

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Englisch ist leichter zu lernen als Deutsch. Aber Deutschken­ntnisse könnten bald Voraussetz­ung für die volle Mindestsic­herung in Österreich werden.

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