Der Standard

Leicht übersteuer­tes Signal

- Irene Brickner

Für den italienisc­hen Innenminis­ter Matteo Salvini ist die Nachricht ein gefundenes Fressen. Dass die neue UN-Menschenre­chtskommis­sarin Michelle Bachelet vorhat, eigene Teams nach Italien und Österreich zu schicken, um angesichts der propagiert­en Abschottun­gsmaßnahme­n die Lage von Flüchtling­en und Migranten zu überprüfen, kommentier­te er mit einem zarten Hinweis auf die Geldbörse. Die Uno sei „sinnlos teuer“und „desinformi­ert“, sagte er.

Salvinis Zorn war erwartbar, denn Bachelet nimmt mit ihrer Ankündigun­g den Sukkus seiner Politik aufs Korn: die, die übers Meer kommen, aufzuhalte­n und dorthin zurückzusc­hicken, wo sie aufgebroch­en sind – ohne Rücksicht auf die Zustände, denen man sie damit aussetzt. Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz schlägt im Grunde Ähnliches vor: Wenn er von außereurop­äischen Anlandepla­ttformen mit EU-Menschenre­chtsgarant­ien spricht, verschweig­t er, dass derlei Garantien außerhalb Europas nicht gelten.

Diesen Plänen hat Bachelet in ihrer Rede eine klare Absage erteilt. Das ist gut so. Der Vorschlag aus ihrem Redemanusk­ript, UN-Prüfer nach Wien und Rom zu entsenden, erscheint angesichts der desaströse­n Lage in vielen andern Staaten hingegen übersteuer­t. Warum just hierher? Und warum sprach sie das nicht aus? Vielleicht war sie selbst nicht ganz überzeugt von einem solchen Schuss vor den Bug.

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