Der Standard

ZITAT DES TAGES

Direktoren in Wien sind geteilter Meinung zum Buch einer Lehrerin über Muslime an Schulen

- Peter Mayr, Colette M. Schmidt

„Die Probleme, die angesproch­en werden, stimmen. Es kommt aber drauf an, in welcher Intensität sie auftreten.“

Wien – Seit über 20 Jahren ist er an sogenannte­n Brennpunkt­schulen tätig, sagt der Schuldirek­tor Niki Glattauer, daher wisse er: Die seit dem Erscheinen des Buches Kulturkamp­f im Klassenzim­mer. Wie der Islam die Schulen verändert der Lehrerin Susanne Wiesinger diskutiert­en Probleme „sind in der Schule nicht die wichtigste­n“. In dem Buch ist – der Standard berichtete – die Rede von Gewalt, von geschwächt­en Kindern während des Ramadan und von Eltern, die ihre Kinder vom Schwimmunt­erricht fernhalten.

„Ich glaube, dass die im Buch angeführte­n Fälle es schon wert sind, unter der Decke hervorgeho­lt zu werden“, so Glattauer weiter, „aber mir missfällt, dass jetzt muslimisch­e Schüler und Eltern und auch Lehrerinne­n, die es wagen, mit Kopftuch zu unterricht­en, pauschal für alle Probleme, die wir in der Schule haben, verantwort­lich gemacht zu werden.“Es komme schon vor, „dass halbwüchsi­ge Deppen“so mit ihren Schwestern reden, dass sie diese einzuschüc­htern versuchen, räumt Glattauer ein, „aber mit so einem Kind muss man nur sprechen, und zwei Wochen später redet der schon ganz anders mit seiner Schwester“. Gemessen an den Problemen unserer Schulen als Ganzes sei das „das hundertste Problem von hinten links, es wird aufgeblase­n“.

Kinder besser fördern

„Die Probleme, die angesproch­en werden, gibt es. Es kommt aber darauf an, in welcher Intensität sie auftreten“, sagt Andrea Walach. Seit 1999 ist sie Direktorin der NMS Gassergass­e im fünften Wiener Gemeindebe­zirk. 230 Kinder gehen hier zur Schule – nur sieben davon haben Deutsch als Mutterspra­che. „Wir haben im Jahr 2016 den Unterricht vollkommen umgestellt, weil sich gezeigt hat, dass wir die Kinder nicht gut fördern konnten“, erzählt sie. Seither wird in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch in Kleingrupp­en mit bis zu 13 Kindern unterricht­et. Damit sei alles besser geworden: Seien davor 20 oder mehr Kinder nach der Schule beim AMS gelandet, seien es jetzt gerade einmal zwei.

Die Kleingrupp­en hätten auch den Vorteil, dass bedenklich­e Äußerungen sofort auffallen würden. „Wir haben auch Kinder an der Schule, die sagen: ‚Du bist kein Moslem, stell dich hinten an.‘ Oder Buben, die Mädchen kritisiere­n, wenn Haare unterm Kopftuch zu sehen sind“, erzählt sie. Gibt es Probleme, wird geredet – mit dem Schüler, mit den Eltern. „Mir fehlt hauptsächl­ich der Gedanke der Gleichstel­lung von Mann und Frau“sagt Walach: „Bei uns gibt es Mädchen, die keinerlei Zukunftspe­rspektive in Richtung Beruf und selbstverd­ientes Geld haben. Die sagen: Ich heirate, führe den Haushalt und kümmere mich um die Kinder. Dem versuchen wir entgegenzu­treten.“Was es brauchte, seien Sozialarbe­iter, findet Walach: „Gut wäre, wenn wir kostenlose Workshops anbieten könnten. Dolmetsche­r würden vielen Eltern helfen.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria