ZITAT DES TAGES
Direktoren in Wien sind geteilter Meinung zum Buch einer Lehrerin über Muslime an Schulen
„Die Probleme, die angesprochen werden, stimmen. Es kommt aber drauf an, in welcher Intensität sie auftreten.“
Wien – Seit über 20 Jahren ist er an sogenannten Brennpunktschulen tätig, sagt der Schuldirektor Niki Glattauer, daher wisse er: Die seit dem Erscheinen des Buches Kulturkampf im Klassenzimmer. Wie der Islam die Schulen verändert der Lehrerin Susanne Wiesinger diskutierten Probleme „sind in der Schule nicht die wichtigsten“. In dem Buch ist – der Standard berichtete – die Rede von Gewalt, von geschwächten Kindern während des Ramadan und von Eltern, die ihre Kinder vom Schwimmunterricht fernhalten.
„Ich glaube, dass die im Buch angeführten Fälle es schon wert sind, unter der Decke hervorgeholt zu werden“, so Glattauer weiter, „aber mir missfällt, dass jetzt muslimische Schüler und Eltern und auch Lehrerinnen, die es wagen, mit Kopftuch zu unterrichten, pauschal für alle Probleme, die wir in der Schule haben, verantwortlich gemacht zu werden.“Es komme schon vor, „dass halbwüchsige Deppen“so mit ihren Schwestern reden, dass sie diese einzuschüchtern versuchen, räumt Glattauer ein, „aber mit so einem Kind muss man nur sprechen, und zwei Wochen später redet der schon ganz anders mit seiner Schwester“. Gemessen an den Problemen unserer Schulen als Ganzes sei das „das hundertste Problem von hinten links, es wird aufgeblasen“.
Kinder besser fördern
„Die Probleme, die angesprochen werden, gibt es. Es kommt aber darauf an, in welcher Intensität sie auftreten“, sagt Andrea Walach. Seit 1999 ist sie Direktorin der NMS Gassergasse im fünften Wiener Gemeindebezirk. 230 Kinder gehen hier zur Schule – nur sieben davon haben Deutsch als Muttersprache. „Wir haben im Jahr 2016 den Unterricht vollkommen umgestellt, weil sich gezeigt hat, dass wir die Kinder nicht gut fördern konnten“, erzählt sie. Seither wird in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch in Kleingruppen mit bis zu 13 Kindern unterrichtet. Damit sei alles besser geworden: Seien davor 20 oder mehr Kinder nach der Schule beim AMS gelandet, seien es jetzt gerade einmal zwei.
Die Kleingruppen hätten auch den Vorteil, dass bedenkliche Äußerungen sofort auffallen würden. „Wir haben auch Kinder an der Schule, die sagen: ‚Du bist kein Moslem, stell dich hinten an.‘ Oder Buben, die Mädchen kritisieren, wenn Haare unterm Kopftuch zu sehen sind“, erzählt sie. Gibt es Probleme, wird geredet – mit dem Schüler, mit den Eltern. „Mir fehlt hauptsächlich der Gedanke der Gleichstellung von Mann und Frau“sagt Walach: „Bei uns gibt es Mädchen, die keinerlei Zukunftsperspektive in Richtung Beruf und selbstverdientes Geld haben. Die sagen: Ich heirate, führe den Haushalt und kümmere mich um die Kinder. Dem versuchen wir entgegenzutreten.“Was es brauchte, seien Sozialarbeiter, findet Walach: „Gut wäre, wenn wir kostenlose Workshops anbieten könnten. Dolmetscher würden vielen Eltern helfen.“