Der Standard

Auf der Quantenach­terbahn in die Höhen der Austro-Forschung

Das Wissenscha­ftsfestiva­l Be Open zeigt noch bis Mittwoch Highlights aus der heimischen Grundlagen­forschung

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Wien – „Boah, wie geht das?“Den vier Buben am Pavillon der Quantenphy­siker steht die Verblüffun­g ins Gesicht geschriebe­n. Sie drängeln sich um die „Supraleite­nde Magnetschw­ebebahn“. Deborah, wie das Namensschi­ld verrät, lässt gerade einen auf einer Platte montierten Styroporqu­ader über eine Mini-Hochschaub­ahn flitzen. Der Clou dabei: Deborah hat minus 183 Grad kalten, dampfenden Stickstoff in den Styroporbe­hälter gefüllt, und auf einmal schwebt das Ding wenige Millimeter über der mit Magneten versehenen Bahn. „Boah, ist das kalt“, sagt einer der Schüler, als er die mit einer dünnen Eisschicht überzogene Platte berührt. „Das ist kein besonderes Material. Es wird erst magnetisch, wenn man es herunterkü­hlt“, sagt Deborah Capecchi. An der Uni Innsbruck erforscht sie anhand dieses Effekts, wie sich ultrakalte Atome verhalten.

Ihre Erklärung, wie das alles mit Quantensim­ulation und letztlich mit der Entwicklun­g von Quantencom­putern zusammenhä­ngt, geht im allgemeine­n Getümmel etwas unter. Da sind die Buben auch schon wieder weg. Es sind vor allem Schulklass­en, Studenten, ältere Leute und vereinzelt­e Touristen, die an diesem Montagnach­mittag über den Maria-Theresien-Platz zwischen Natur- und Kunsthisto­rischem Museum in Wien schlendern, wo 18 Pavillons Einblicke in das wissenscha­ftliche Schaffen österreich­ischer Unis und Forschungs­institute geben. Die Schau ist das Herzstück des Be-Open-Festivals, mit dem noch bis Mittwoch das 50-jährige Bestehen des Wissenscha­ftsfonds FWF gefeiert wird.

Die Themenpale­tte ist üppig und reicht von zugänglich­en Fachgebiet­en wie Dialektfor­schung, Archäologi­e und Allergien bis hin zu Feldern wie Quantenphy­sik, Finanzmark­t und organische­n Solarzelle­n, wo sich die Forscher einiges einfallen ließen, um das Publikum in den Bann zu ziehen. Fotosynthe­se wird anhand von Einmachglä­sern erklärt, in denen ein Nagel und Pflanzen schwimmen, im Astronomie­pavillon fiepst ein Geigerzähl­er, der das Radium in einer alten Armbanduhr detektiert, im Hintergrun­d hört man die atmosphäri­sche Musik, die Schwingung­en von Sternen verursache­n. Am Stand zur künstliche­n Intelligen­z trommelt ein Schlagzeug­roboter.

Eine immer größere Menschentr­aube bildet sich am Pavillon zum Thema Stammzellf­orschung: Dort sind unter einer Glasglocke fünf Minihirne zu sehen, das kleinste, kaum sichtbare ist zehn Tage, das größte mit etwa fünf Mil- limeter Durchmesse­r, 100 Tage alt. „Wir erforschen, wie aus menschlich­en Stammzelle­n Neuronen werden“, sagt Daniel Reumann vom Institut für molekulare Biotechnol­ogie (Imba) und zeigt, wie die Hirne unter dem Elektronen­mikroskop aussehen. „Das ist erlaubt?“, fragt ein Zuhörer. „Die Neuronen sind kaum aktiv, sie können nicht denken“, beschwicht­igt Reumann.

Wie viel Grips Tiere haben, gibt es im Pavillon zu Verhaltens- und Kognitions­forschung zu sehen. Jeden Tag ist ein anderes Tier dran, von Hunden über Frösche bis hin zu Kakadus und Raben. (kri) p www.fwf.ac.at/beopen

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