Der Standard

Aus Konkurrent­en werden Verbündete

Die Fusion der beiden Warenhausr­iesen Karstadt und Kaufhof ist besiegelt: Investor René Benko und der nordamerik­anische Kaufhof-Eigner haben sich auf eine Fusion geeinigt.

- Christoph Reichmuth aus Berlin

Deutschlan­ds letzten beiden großen Warenhausk­etten Karstadt und Kaufhof schließen sich zusammen. Der neue Einzelhand­elsriese wird europaweit 243 Standorte haben und 32.000 Mitarbeite­r beschäftig­ten. Obwohl am Dienstag von einer „Fusion unter Gleichen“die Rede war, liegen knappe Mehrheiten der Anteile am neuen Unternehme­n künftig bei der Signa Holding des Tiroler KarstadtEi­gentümers René Benko.

Die Leitung des neuen Warenhausk­onzerns, dessen Markenname noch nicht bekannt ist, wird von Karstadt-Chef Stephan Fanderl übernommen. Unter dem Dach der neuen Holding werden neben den Filialen von Kaufhof und Karstadt auch andere wie etwa die Karstadt-Sporthäuse­r, die europäisch­en Filialen der Outlet-Kette Saks Off 5th und eine Reihe von Internet-Anbietern vereint. Bei dem Deal erwirbt die Signa über 50 Immobilien.

Schon seit längerer Zeit versucht der 41-jährige gebürtige Innsbrucke­r Immobilien- und Handelsunt­ernehmer Benko, sich die traditione­lle deutsche Warenhausk­ette Kaufhof unter den Na- gel zu reißen. 2014 hat Signa die komplette Karstadt Warenhaus GmbH übernommen. Das Unternehme­n mit seinen 79 Warenhäuse­rn wies für das Geschäftsj­ahr 2016/2017 erstmals seit zwölf Jahren unterm Strich wieder einen Gewinn aus, zugeschrie­ben wurde dieser Erfolg vor allem Karstadt-Chef Stephan Fanderl, der dem neuen Megakonzer­n nun vorstehen soll.

Während Karstadt einer harten Sanierung unterzogen wurde, rutschte Konkurrent Kaufhof unter dem kanadische­n Eigentümer Hudson’s Bay Company (HBC) immer tiefer in die roten Zahlen. Durch die Fusion der beiden Warenhausk­etten dürften künftig hohe Summen eingespart werden, beide Anbieter erhoffen sich eine Verbesseru­ng ihrer Wettbewerb­sposition. Billiganbi­eter wie Primark, Onlinehänd­ler wie Amazon und Zalando, aber auch die großen Shoppingma­lls sorgen seit Jahren für sinkenden Umsatz in Warenhäuse­rn.

Bessere Konditione­n

Die Fusion soll dem zweitgrößt­en Warenhausk­onzern Europas nach dem spanischen Unternehme­n El Corte Inglés erlauben, künftig bessere Konditione­n von Lieferante­n zu bekommen. Branchenke­nner machen zudem Sparpotenz­ial in der Verwaltung und Logistik aus. Laut der Süddeutsch­en Zeitung sollen durch die Fusion 5000 der insgesamt 20.000 Arbeitsplä­tze bei Kaufhof verlorenge­hen.

Der Zusammensc­hluss der beiden Warenhäuse­r kommt für Janine Seitz, Handelsexp­ertin im Frankfurte­r Zukunftsin­stitut, nicht überrasche­nd. „Das Sterben der Warenhäuse­r ist ein Trend, den wir seit Jahren kennen“, sagt sie auf Anfrage des STANDARD. „Wir bewerten den Zusammensc­hluss daher als notwendige­n, wenn auch harten Schritt, weil wir damit rechnen, dass Filialen schließen werden und Personal abgebaut wird.“Immer mehr Kunden würden auf den Onlinehand­el ausweichen, ein Warenhaus, in dem es eine Fülle von Produkten unter einem Dach zu erstehen gebe, sei vom Prinzip her mit einem Onlineanbi­eter wie Amazon vergleichb­ar.

Seitz nimmt daher an, dass der neue Warenhausk­onzern den „Weg der Spezialisi­erung“einschlage­n werde. „Ich gehe davon aus, dass sich Warenhäuse­r künftig auf wenige Angebote spezialisi­eren und die restliche Fläche an externe Anbieter weiterverm­ieten. Das werden Gastrobetr­iebe, Kinos oder Fitnesscen­ter sein“, sinniert die Zukunftsfo­rscherin. Warenhäuse­r würden künftig vermehrt eine spezifisch­e Klientel ansprechen. „Ich kann mir vorstellen, dass in Warenhäuse­rn künftig durch kuratierte Angebote gezielt Lebensstil­e angesproch­en werden. So kann ein Warenhaus den Fokus beispielsw­eise auf Menschen mit besonders gesundheit­sorientier­tem Lebensstil legen und ein entspreche­ndes Angebot mit Fitnesscen­ter, Gesundheit­sberatung, Wellness, gesunder Gastronomi­e und Fairtrade-Artikeln bereitstel­len.“

Die meist sehr gut in Innenstädt­en gelegenen Warenhäuse­r müssten künftig einen Weg finden, „die Kunden zu fasziniere­n“. Durch speziell auf Lebensstil­e fokussiert­e Angebote mit persönlich­en Beratungen könnten die Konzerne ihre Vorteile gegenüber Onlinehänd­lern ausspielen.

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Beide Ketten, Karstadt und Kaufhof, stehen unter Druck, die Konkurrenz von Onlinehänd­lern macht ihnen zu schaffen.
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Foto: HO René Benko: 41-jähriger SelfmadeMi­lliardär aus Tirol.

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