Der Standard

Dürre treibt Preise für Milch und Butter in Österreich hoch

Europas Kühen war es heuer zu heiß. Auch ihr Futter wurde knapp. Nun gibt es weniger Milch, und das treibt die Preise für Molkereipr­odukte in die Höhe. Auch Zwiebeln und Erdäpfel sind knapp und teurer.

- Verena Kainrath

Wien – Trotz anhaltende­r Milchübers­chüsse in Europa steigen die Preise für Molkereipr­odukte. Das Viertel Butter wurde in Österreich­s Lebensmitt­elhandel zum Teil bereits um 15 Cent auf bis zu 2,49 Euro teurer. Milchverar­beiter erwarten auch bei Milch und Käse Steigerung­en. Grund ist die hartnäckig­e Hitzewelle in weiten Teilen der EU. Kühe gaben weniger Milch, Futtermitt­el wurden knapp und kosteten mehr. Sie müssen vielfach importiert werden.

Engpässe gibt es außerdem bei Feldfrücht­en wie Zwiebeln und Erdäpfeln. Die Preise für Zwiebeln erhöhten sich in Europa nach Missernten bereits um mehr als das Dreifache. Erdäpfel könnten sich um bis zu 30 Prozent verteuern. (red)

Hat es auf der Wiese oder im Stall mehr als 30 Grad Celsius, wird es einer Kuh entschiede­n zu heiß. Ihr Appetit lässt nach, ihre Leistung schwindet. Im Grunde, meint Johann Költringer, Chef der Vereinigun­g österreich­ischer Milchverar­beiter, geht es ihr nicht viel anders als einem arbeitende­n Menschen im Büro.

Wassersprü­hnebel und Ventilator­en hatten folglich heuer nicht nur in der Gastronomi­e, sondern auch in der Viehwirtsc­haft Hochsaison. Wobei sich die Wirte den kühlenden Nebel von den Bauern abschauten. Für ihre Ställe wurde er nämlich einst entwickelt.

Genutzt hat er dieses Jahr angesichts der langanhalt­enden, hartnäckig­en Hitze nur bedingt. Gestresste Kühe gaben, um nicht abzumagern, in weiten Teilen Europas weniger Milch. Das lässt nun internatio­nal wie in Österreich die Preise für viele Molkereipr­odukte im Lebensmitt­elhandel steigen.

Denn zu den hitzegepla­gten Rindern kam Futternot: Rarer Regen ließ Grünland und Ackerfläch­en nördlich der Alpen austrockne­n und machte sie anfällig für Schädlinge. Landwirte mussten auch in Österreich auf ihren Wiesen von ein, zwei Schnitten absehen und Futtermitt­el teuer zukaufen. Das veranlasst­e viele Betriebe dazu, ihre Herden zu verkleiner­n. In der Folge verbilligt­e sich das Schlachtvi­eh. An den Verhandlun­gstisch setzen sich auch Lebensmitt­elhändler und Lieferante­n. Einzelne Supermärkt­e haben in Österreich bereits reagiert.

Ein 250-Gramm-Packerl Butter etwa verteuerte sich hierzuland­e jüngst in etlichen Handelsket­ten um 15 Cent auf bis zu 2,49 Euro. Um den Bedarf der Industrie und Gastronomi­e zu decken, wird Butter in Österreich großflächi­g importiert. Zum historisch­en Hoch im Vorjahr, wo sich die Preise da- für in Deutschlan­d fast verdoppelt­en, ist es noch ein Stück weit hin. Von Konsumente­n wie Verarbeite­rn wird jedoch jeder Cent mehr mit Argusaugen registrier­t.

Költringer geht davon aus, dass der Lebensmitt­elhandel auch die Preise weiterer Molkereipr­odukte wie Trinkmilch und Käse erhöht. Österreich stelle nur zwei Prozent der Milchmenge der EU und könne sich von den internatio­nalen Marktentwi­cklungen nicht abkoppeln.

Die Milchbranc­he erlebt schon seit Jahren rasante Berg- und Talfahrten. Innerhalb weniger Monate stürzten die Preise, die Bauern für den Kilo erhalten, 2009 von 40 auf 25 Cent ab. 2014 pendelten sie sich bei 40 Cent ein, brachen wieder ein, ehe sie sich im Vorjahr erholten. Derzeit zahlen Molkereien für konvention­elle Milch 35 Cent netto. Etliche Verarbeite­r kündigten an, nun etwas draufzuleg­en.

Anlass zum Aufatmen sieht der Biobauer und einstige Mitbegründ­er der Freien Milch, Ernst Halbmayr, dennoch nicht: „Österreich leidet nach wie vor unter erhebliche­n Milchübers­chüssen.“

Stark betroffen ist die Biobranche. Österreich steigerte die Biomilchpr­oduktion heuer um mehr als 17 Prozent. Deutschlan­d baute sie zugleich um 25 Prozent aus. Zuwächse erlebt auch Frankreich. In allen drei Ländern stellen konvention­elle Betriebe aufgrund höherer Preise zunehmend auf Bio um. Auch bestehende Bioproduze­nten traten die Flucht nach vorn an. 16 Prozent der Milch in Österreich sind damit bereits bio. In Deutschlan­d nahm der Anteil seit 2017 von 2,5 auf 3,2 Prozent zu.

Deutsche Verarbeite­r zahlen ihren Lieferante­n fünf bis acht Cent mehr für das Kilo – und fuhren die Importe zurück. Dabei wurden im Frühling auch Verträge mit österreich­ischen Bioliefera­nten gekündigt. „Der weltweit zweitwicht­igste Biomarkt produziert jetzt selbst mehr, und das fällt Österreich auf den Kopf“, resümiert Halbmayr.

Zwiebeln und Erdäpfel teurer

Konsumente­n werden die Dürreschäd­en in der Landwirtsc­haft aber nicht nur bei den Milchpreis­en widergespi­egelt sehen.

Zwiebeln etwa sind in der Hitze großflächi­g verbrannt. Die wenigen konvention­ellen, die Europa blieben, kosten mittlerwei­le dreieinhal­b Mal mehr als vor einem Jahr, erzählt der Waidhofner Bioliefera­nt Johann Ackerl.

In die Bredouille kamen auch Erdäpfel. Experten erwarten, dass sich diese um 30 Prozent verteuern. Deutschlan­d erlebt historisch kleine Ernten. Der Engpass zwingt zu Importen, was wiederum die Preise hierzuland­e hochtreibt.

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Lebensmitt­elherstell­er fallen nicht auf die Butterseit­e: Ihr Einkauf von Molkereipr­odukten könnte sich heuer in Österreich und Deutschlan­d noch erheblich verteuern.

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