Kneissl setzt auf Frauen, damit Integration gelingt
1,97 Millionen Menschen in Österreich haben Migrationshintergrund – um sie zu integrieren, ist es vor allem wichtig, dass sie Deutsch lernen. Den Schlüssel dazu hätten vor allem die Frauen in der Hand, sagt Ministerin Kneissl.
Die Zuwanderung hat abgenommen, die Integrationsaufgaben bleiben. Und sie müssen verstärkt bei Frauen ansetzen. Das versuchte Außenund Integrationsministerin Karin Kneissl (FPÖ) am Donnerstag bei der Präsentation des Integrationsberichts ihres Ressorts klarzumachen. Im Einflussbereich von Frauen liege etwa, wie sich „die kleinen Paschas und Machos aus welchem Kulturkreis auch immer“entwickeln.
Gleichzeitig hätten es Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer und brauchten Unterstützung. Und sie brauchen auch, davon ist Kneissl überzeugt, den Zwang zur Teilnahme an Integrationsmaßnahmen: „Frauen profitieren von der Verpflichtung zur Kursteilnahme.“Denn nur so würden sie mit Themen wie Frauengesundheit oder ihrer eigenen Rolle in der Familie konfrontiert.
Integrationsexpertin Gudrun Biffl unterstrich diese Einschätzung: „Was sehr problematisch ist, ist die Isolation von Frauen.“
Vor allem aber gehe es um den Spracherwerb – Biffl zieht dazu OECD-Zahlen heran: Im OECDSchnitt hätten 40 Prozent der Schüler, die der zweiten Generation mit Migrationshintergrund angehören, eine andere Alltagssprache als die des Landes, in dem sie leben. In Österreich aber sprechen Schüler der zweiten Generation zu 54 Prozent eine andere Sprache als Deutsch.
Und Katharina Pabel, die Vorsitzende des unabhängigen Expertenrats, der den Integrationsbericht erstellt, unterstreicht die Empfehlung, dass alle Sprachförderung bekommen, die sie brauchen – und spricht sich auch für „spezielle Formen der Sprachförderung“(vulgo: Deutschklassen) aus, wobei die Maßnahmen zeitnah evaluiert werden müssten. Die bisherigen Ansätze zur Sprachförderung hätten jedenfalls nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht.
SPÖ kritisiert Kürzungen
Kneissl selbst steht in der politischen Kritik, dass die Sprachförderung allen Bekundungen zum Trotz gekürzt werde – SPÖ-Abgeordnete Nurten Yilmaz etwa warf ihr per Aussendung vor: „Hier zu kürzen und gleichzeitig ‚Integriert euch‘ zu schreien, geht sich nicht aus. Das ist schon eine große Boshaftigkeit.“Die Ministerin lässt das nicht auf sich sitzen, sie versichert, dass ihr Ressort ausreichend Mittel für insgesamt 140 Integrationsprojekte habe.
Als großes Hindernis für Integration macht die Ministerin den Empfang fremdsprachiger Fernsehsender aus: Wenn das Fernsehgerät den ganzen Tag über laufe und die Familien nur Programme in ihrer Muttersprache sehen, schade das dem Spracherwerb.
Wie groß die Defizite bei der Integration sind, geht aus den Daten der Statistik Austria hervor, die sich in diesem Punkt auf eine Erhebung der GfK stützt. Gefragt wurden 1100 repräsentativ ausgewählte Zugewanderte – von diesen sagen immer noch 2,9 Prozent, dass sie mit den Zielen und Werten, nach denen die Menschen in Österreich ihr Leben ausrichten, „ganz und gar nicht einverstanden“seien, weitere 11,9 Prozent seien „eher nicht einverstanden“.
Immerhin ist das eine Verbesserung gegenüber einer Vergleichs- umfrage aus dem Jahr 2010; damals waren 4,4 Prozent der Zugewanderten „gar nicht“und 17,9 Prozent „überwiegend nicht“mit der österreichischen Wertewelt zufrieden.
Andersherum sieht es beruhigender aus: 29,7 Prozent sind „sehr“mit den österreichischen Werten einverstanden, 55,5 Prozent immerhin „im Großen und Ganzen einverstanden“– wenn es auch sehr deutliche Unterschiede je nach Herkunftsland gibt. Eine besondere Ablehnung österreichischer Werte zeigt sich vor allem bei Befragten aus der Türkei.
Die Statistik Austria stellte gleichzeitig ihr Jahrbuch „Migration & Integration“vor. Diesem ist zu entnehmen, dass derzeit 1.970.000 Menschen in Österreich Migrationshintergrund haben – das entspricht 22,8 Prozent der Gesamtbevölkerung.