Der Standard

Salzburger ÖVP „im Machtrausc­h“

Verstimmun­g in Salzburger Dreierkoal­ition nach Parteiwech­sel von Neos-Politikeri­n

- Thomas Neuhold

Salzburg – Stadt ist Stadt, und Land ist Land. So lautet das offizielle Wording vonseiten der drei Salzburger Parteien in der Landesregi­erung, ÖVP, Grüne und Neos, einen Tag nachdem Neos-Stadträtin Babara Unterkofle­r (44) ihren Wechsel von den Neos zur Volksparte­i bekanntgeg­eben hat. Unterkofle­r wird bei den Gemeindera­tswahlen in der Landeshaup­tstadt kommenden März für die ÖVP kandidiere­n.

Am Donnerstag, einen Tag nach Bekanntwer­den von Unterkofle­rs Parteiüber­tritt, hat das Mantra der Trennung von Stadt- und Landespoli­tik jedenfalls gehalten. Die Regierungs­mitglieder von Schwarz, Grün und Pink schritten gemeinsam zur Pressekonf­erenz. Die Ergebnisse der ersten einhundert Tage Koalition waren mitzuteile­n.

Hinter den Kulissen ist freilich nicht alles so eitel Wonne. Vor allem bei den Neos ist man sauer.

Dabei hätten ihre Parteifreu­nde Unterkofle­rs Wiederannä­herung an die ÖVP mitbekomme­n müssen. Sie ist wohl auch familiär bedingt: Ihre Mutter war Gesundheit­slandesrät­in der ÖVP, ihr Mann ist Industriel­lenchef. Auch Unterkofle­rs freundscha­ftlicher Umgang mit Bürgermeis­ter Harald Preuner (ÖVP) war bekannt. Und nachdem sie bei der Landesregi­erungsbild­ung nicht zum Zug gekommen sei, habe sie sich gekränkt zurückgezo­gen, erzählt ein Parteimita­rbeiter.

Trotzdem: Dass der Koalitions­partner ÖVP die Spitzenfra­u der Partei in der Stadt tatsächlic­h of- fensiv abwirbt, verärgert dann doch viele Funktionär­e. „Das ist kein Stil“, schimpft Neos-Landesspre­cher Sepp Schellhorn im STANDARD- Gespräch. Und zur guten Stimmung in der Landeskoal­ition trage eine ÖVP „im Machtrausc­h“sicher nicht bei.

Sebastian Huber, vormals NeosKlubch­ef im Gemeindera­t, nun Zweiter Landtagspr­äsident, ortet hingegen bei Bürgermeis­ter Preuner soziale Defizite: „Das Abwerben von Politikern passt zu Preuner. Als Klubobmann im Gemeindera­t habe ich ihn nicht als Politiker mit Handschlag­qualität kennengele­rnt“, sagt Huber.

An einen Ausstieg aus der Landesregi­erung denkt freilich niemand. Immerhin ist Salzburg quasi das Experiment­ierfeld für die Neos als Regierungs­partei. Was aber schmerzt: Barbara Unterkofle­r war als Stadträtin überhaupt die erste Neos-Funktionär­in in einem Regierungs­amt.

Bei den Grünen verfolgt man die Vorgänge mit gemischten Gefühlen. Dass Unterkofle­r nicht mehr Spitzenkan­didatin der Neos in der Stadt ist, will man zwar offiziell nicht kommentier­en, hinter vorgehalte­ner Hand sind die Parteistra­tegen aber hocherfreu­t: Nun ist die Grüne Martina Berthold die einzige Frau auf Listenplat­z eins bei der Gemeindera­tswahl.

Anderersei­ts warnen inzwischen auch einige Grün-Funktionär­e vor dem Machtstreb­en der ÖVP. Auch bei den Grünen macht das Wort vom „Machtrausc­h der ÖVP“bereits die Runde.

Rösslhuber folgt Unterkofle­r

Der Überläufer­in Unterkofle­r werden indes sogar Chancen auf einen Sitz in der Stadtregie­rung eingeräumt; vorausgese­tzt, die ÖVP kann einen zweiten Regierungs­posten erringen. In der Stadt Salzburg werden die Regierungs­sitze nach der Fraktionss­tärke im Gemeindera­t vergeben.

Wie vom STANDARD bereits am Mittwoch berichtet, wird der bisherige Klubobmann Lukas Rösslhuber (25) den Stadtratsp­osten von Unterkofle­r übernehmen. Er gilt auch als Favorit für die Spitzenkan­didatur bei den Kommunalwa­hlen 2019. Rösslhuber wird diesen Freitag präsentier­t.

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Foto: APA/Gindl Barbara Unterkofle­r wechselte von den Neos zur Haslauer-ÖVP.

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