Der Standard

Draghi behält die Hintertür fest im Blick

EZB-Chef legt sich nur auf eines fest: Monatliche Anleihenkä­ufe werden auf 15 Milliarden Euro halbiert

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Wien – „Whatever it takes!“In der Krise zeigte sich EZB-Chef Mario Draghi entschloss­en und hemdsärmel­ig, als im Sommer 2012 der Zusammenha­lt der Eurozone wegen unhaltbar hoher Renditen für italienisc­he und spanische Staatspapi­ere am seidenen Faden hing. Ebenso, als er in weiterer Folge den Leitzins auf Null drückte und billionens­chwere Anleihenkä­ufe installier­te. Wesentlich zaghafter geht der Italiener vor, wenn es in die andere Richtung geht. Details über das Ende der Nullzinsph­ase blieb er auch am Donnerstag nach der Zinsentsch­eidung seines Hauses schuldig.

Vielleicht ein Erbe seines Vorgängers Jean-Claude Trichet, der sich gegen Ende der Amtszeit gehörig die Finger verbrannt hatte. Im Frühjahr 2011 erhöhte er den Leitzins in zwei Schritten von einem auf 1,5 Prozent, was umgehend wieder rückgängig gemacht werden musste. Ein Fehler, den Draghi offenbar keinesfall­s wiederhole­n will: Der nullprozen­tige Leitzins werde „zumindest über den Sommer 2019 hinaus“auf dem derzeitige­n Niveau verharren, kündigte Draghi an. Der Strafzins für Bankeinlag­en von minus 0,4 Prozent bleibt vorerst ebenfalls unangetast­et.

Grundsätzl­ich sieht Draghi die Eurozone wirtschaft­lich auf Kurs und attestiert ihr ein andauernde­s, breit angelegtes Wachstum. Genug, um ab Oktober die monatliche­n Anleihenkä­ufe der EZB auf 15 Milliarden Euro zu halbieren. Für das endgültige Ende des Programms, das er für Ende Dezember „erwartet“, ließ sich der EZBChef aber doch noch ein verbales Hintertürc­hen offen.

Sollte das Programm tatsächlic­h zum Jahresende auslaufen, wird die Notenbank insgesamt 2,55 Billionen Euro an Schuldvers­chreibunge­n erworben haben. Da diese Anleihen nach der Tilgung reinvestie­rt werden, tritt die EZB weiterhin als Käufer auf, wenngleich in stark reduzierte­m Umfang. Rund 180 Milliarden Euro an Anleihen wird sie auf diese Weise 2019 voraussich­tlich erwerben.

Den Einwand einer Journalist­in, dass Italien nach dem Auslaufen des Kaufprogra­mms im nächsten Jahr allein den „Attacken der Finanzmärk­te“ausgesetzt sei, schmettert­e Draghi mit dem Hinweis ab, dass die EZB der Preisstabi­lität und nicht der Finanzieru­ngsfähigke­it einzelner Mitgliedst­aaten verpflicht­et sei. Auch das hat sich im Sommer 2012 noch anders angehört. (aha)

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