Der Standard

Was das neue EU-Urheberrec­ht bedeutet

Am Mittwoch stimmte das EU-Parlament für ein neues Urheberrec­ht. Weitere Details müssen noch verhandelt werden. der Standard gibt einen Überblick über die wichtigste­n Punkte.

- FRAGE & ANTWORT: Fabian Schmid, Muzayen Al-Youssef

Frage: Was sind Uploadfilt­er? Antwort: Uploadfilt­er sind Systeme, die jegliche hochgelade­nen Inhalte auf einer Plattform darauf prüfen, ob sie gegen bestimmte Vorgaben verstoßen, in diesem Fall gegen das Urheberrec­ht. Dazu gehören zum Beispiel Fotos, Videos und Tonaufnahm­en; aber auch Texte und Programme. Beispiele sind Zusammensc­hnitte von Serien, aber auch Memes, die ein automatisc­hes System nicht als Satire erkennen könnte.

Frage: Was ist mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäu­ßerung? Antwort: Ein Uploadfilt­er dürfte wohl gegen europäisch­e Grundrecht verstoßen. Der Jurist Lukas Feiler von Baker McKenzie verweist dazu auf ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) aus dem Jahr 2012: Dieser hatte entschiede­n, dass ein soziales Netzwerk keine automatisc­hen Filtermech­anismen gegen Urheberrec­htsverletz­ungen einführen muss. „Der EuGH hat klare Schranken gesetzt“, sagt Feiler. Ein Uploadfilt­er würde wohl angefochte­n und vom Höchstgeri­cht gekippt werden – bis dahin vergingen freilich ein paar Jahre.

Frage: Sind solche Filter nur für Urheberrec­htsverletz­ungen angedacht? Antwort: Auch in anderen Bereichen könnten Uploadfilt­er zum Einsatz kommen. Etwa plant die EU-Kommission einen solchen für Inhalte, die zu terroristi­schen Straftaten aufrufen oder solche darstellen.

Frage: Was ist die „Linksteuer“? Antwort: Bei Verweisen sollen nur noch „einzelne Wörter“des verlinkten Texts angeführt werden dürfen. Das soll Nachrichte­naggregato­ren wie Google News das Leben schwermach­en, könnte aber das Internet fundamenta­l verändern. Oft bestehen schon die verlinkten Internetad­ressen aus einer Reihe von Wörtern, etwa einer langen Artikelübe­rschrift. Bei einer strengen Auslegung wären solche Links also verboten.

Frage: Wie würde eine Linksteuer die Medienland­schaft verändern? Antwort: Die Einführung des Leistungss­chutzrecht­s in Deutschlan­d hat gezeigt, dass Verlage schließlic­h doch nicht auf Zugriffe über Google News verzichten wollen. Die meisten Verlage haben Google Ausnahmere­gelungen gewährt. Außerdem könnte es zu einer paradoxen Situation kommen: Wenn Zeitung A etwa in eigenen Worten über einen Artikel aus Zeitung B berichtet, könnte das erst dann rechtlich heikel werden, wenn Zeitung A auf den Artikeltex­t bei Zeitung B verlinkt und die URL des verlinkten Artikels die Überschrif­t des Artikels enthält. Das wäre der „Untergang des Grundgedan­kens des Internets“, sagt Feiler.

Frage: Hätten Europäer einen Nachteil, oder gelten die Regeln weltweit? Antwort: In den USA gibt es im Urheberrec­ht breitfläch­ige Ausnahmen, die unter dem Begriff „Fair Use“zusammenge­fasst werden. Das europäisch­e Regelwerk gilt nur für Inhalte, die in der EU abrufbar sind. Das heißt, dass es zu Blockaden für europäisch­e Nutzer kommen könnte, erklärt Feiler. Deutsche User waren das bisher schon dank der berühmten „Gema“-Sperren, benannt nach der deutschen Verwertung­sgesellsch­aft, auf Youtube gewöhnt.

Frage: Ist das neue Urheberrec­ht in dieser Form fix? Antwort: Nein – die Pläne sollen nun im EU-Rat mit den Regierunge­n diskutiert werden. Dann stimmt das EU-Parlament im Mai nochmals ab. Bei einem Nein wird der gesamte Prozess wiederholt.

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