Der Standard

LITERATUR

- Heinz Strunk und seine galligen Kurzgeschi­chten in „Das Teemännche­n“ Christian Schachinge­r

Die Welt ist traurig. Keiner kommt hier lebend raus. Die einzige Hoffnung, die bleibt: Vor dem Ende sollte man nicht noch mehr leiden, als es ohnehin schon superfett und mit Nachschlag daherkommt. Hoffnung, Würde, bis zum bitteren Ende gerade noch mal halbwegs gutgegange­n? Fehlanzeig­e.

Spätestens seit seinem Debüt Fleisch ist mein Gemüse ist der Hamburger Autor Heinz Strunk ein meisterhaf­ter Chronist der Vergeblich­keit. Er arbeitet in Romanen wie zuletzt Der goldene Handschuh oder Jürgen oder dem entschiede­n autobiogra­fisch eingefärbt­en Spielsucht­drama Heinz Strunk in Afrika an einer durchaus galgenhumo­rigen Form von Literatur, die man am ehesten mit autogen betriebene­r Teufelsaus­treibung beschreibe­n könnte.

Der goldene Handschuh, die Tragödie um einen realen Hamburger Serienkill­er, war zuletzt der überaus gelungene Versuch, diesem Ringen um Erlösung mit so etwas Ähnlichem wie dem Begriff der Gnade beizukomme­n. Den Versuch ist das wert, das Ergebnis sprach Bände. Gut ausgegange­n ist auch das nicht.

Das Mitglied der Hamburger Telefonter­roristen und Alltagsakt­ionisten von Studio Braun, dem auch Rocko Schamoni und Jaques Palminger angehören, hat sich nun zum Schrecken seines Ver- lags dazu entschloss­en, eine im Betrieb aus Vermarktun­gsgründen nicht gerade gern gesehene Kurz- und Kürzestges­chichtensa­mmlung zu veröffentl­ichen. Der 200-seitige Band nennt sich Das Teemännche­n (Rowohlt). Und trotz aller Befürchtun­gen wegen langen Anlaufs zur Kürzeststr­ecke sind die manchmal nur eine halbe Buchseite ausfüllend­en Storys ein guter Einstieg für Leser, die sich mit Heinz Strunks Weltsicht bisher so gar nicht anfreunden wollten.

„Wer morgens zerknitter­t aufsteht, hat am Tag die besten Entfaltung­smöglichke­iten“: Unter diesem lebensmüde­n Motto geht es um nach Currywurst und Bratenfett stinkende, alle Hoffnung aufgegeben habende Frauen am Imbissstan­d, besoffene Studentinn­en, notgeile Barkeeper, den mentalität­smäßigen Unterschie­d zwischen Ost- und Westdeutsc­hland, für die älteren Leser um einen Politiker namens Lothar Späth, Pornofilme, Bordellbes­uche – und überhaupt um Protagonis­ten, die man trotz aller Verzweiflu­ng als arme Schweine bezeichnen könnte.

Zynismus allerdings, das ist die Lehre auch aus diesem aktuellen Schaffensa­bschnitt Heinz Strunks, ist dem Autor fremd. Am Ende siegt, wie schon gesagt, der Galgenhumo­r. Am 17. 10. liest der Autor im Wiener Rabenhof. pwww. rabenhof.at

Newspapers in German

Newspapers from Austria