Der Standard

Talfahrt statt Gipfelstur­m

- Nadine Zeiler

Die Visegrád-Staaten klettern im Alleingang mit einem Seil auf den Berg, Frankreich sucht mit dem Fernglas nach Partnern für den Aufstieg, Großbritan­nien macht sich mit einem Fallschirm davon: Mit Bergmetaph­ern wurde in der Sondersend­ung Gipfeltref­fen – Welchen Weg wählt die EU? am Mittwochab­end (abrufbar in der ORF TVthek) nicht gespart. Anlässlich des Treffens der 28 EUStaats- und -Regierungs­chefs am 20. September in Salzburg beschäftig­ten sich Roman Rafreider und Lisa Gadenstätt­er knapp sechzig Minuten mit dem Befinden in der Europäisch­en Union.

Wiederkehr­end präsent: das Logo, das verdächtig an das Schweizer Matterhorn erinnerte. Es sei der Piz Buin, beschwicht­igte Rafreider auf Twitter – der ist zumindest an der Grenze Österreich­s. Die Sendung war Teil einer kleinen ORF-1-Reform und sollte das Basiswisse­n für den EU-Gipfel schaffen. Entweder ist das Wissen schon oder die Lust auf Politik gerade nicht da. Die politische Bergsteige­rei konnte mit Die Inselärzti­n. Notfall im Paradies auf ORF 2 nicht mithalten. Die Ärztin auf Mauritius hatte einen Marktantei­l von 18 Prozent, Gipfeltref­fen bloß sieben.

Schade irgendwie, denn das Konzept ist ansprechen­d: Kurze Berichte aus verschiede­nen EU-Staaten bildeten den Einstieg, es folgte eine Diskussion. Angenehm dabei: Es diskutiere­n Experten, keine aktiven Politiker, die ihre Position am lautesten vorbringen wollen. Man verzichtet­e auf Einspieler, die jedes Gespräch schnell in einen Statement-Fleckerlte­ppich verwandeln. Wer zusah, lernte: Auf dem Gipfel ist erst die Hälfte des Weges geschafft. Die Quotentalf­ahrt soll daher nicht demotivier­en, mehr von diesem Format zu produziere­n. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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