1. Offen ist von acht bis 19 Uhr
Danilas Kindergartenplatz ist gesichert. Sein Vater Wjatscheslaw hat ihn bereits wenige Tage nach der Geburt auf die Warteliste von drei verschiedenen Einrichtungen gesetzt. Dabei gehen russische Kinder erst ab drei Jahren wirklich in den Kindergarten. Die Vorsichtsmaßnahme beruht auf Erfahrungswerten.
Bis vor wenigen Jahren gab es ein erhebliches Defizit an Plätzen. Nach dem Einbruch der Geburtenzahlen in den 90er-Jahren wurden Anfang der 2000er viele Vorschuleinrichtungen – auch aus wirtschaftlichen Gründen – geschlossen. Als die Geburtenzahlen plötzlich wieder ansprangen, fehlten entsprechend Plätze, teilweise kamen nur 40 Prozent der Dreijährigen tatsächlich sofort in einem staatlichen Kindergarten unter.
Der Kreml machte die Angelegenheit zur Chefsache: „Wir haben die knallharte Forderung gestellt, koste es, was es wolle, unserem Land, unseren Bürgern und jungen Familien die Möglichkeit zu bieten, ihr Kind zwischen drei und sieben Jahren in einen Kindergarten zu geben“, und diese Forderung sei inzwischen erfüllt, erklärte Wladimir Putin.
Früh üben sich die Patrioten
Für Russland ist der Kindergarten wichtig, schon zu Sowjetzeiten hatte jede Mutter Anspruch darauf. Und auch heute noch können Russinnen ihre Kinder dort von acht Uhr bis 19 Uhr abgeben, um zur Arbeit zu hasten. Zwei Erzieherinnen und eine Nanny teilen sich dann die Aufsicht über etwa 20 bis 30 Kinder in einer Gruppe.
Lesen und schreiben lernen – wie zu Sowjetzeiten – steht nicht mehr auf dem Programm, obwohl Zahlen und erste Buchstaben schon im Kindergarten vermittelt werden. Daneben lernen die Kleinen singen, tanzen, basteln und – für Westeuropäer befremdend – patriotische Erziehung. Wann der Tag des Siegs oder wer Wladimir Putin ist, wissen daher schon die Kleinsten im Kindergarten.