Der Standard

NS-Widerstand als „Verrat“

FP-naher Richter in spe verunglimp­fte Jägerstätt­er

- Maria Sterkl

Wien – Die Aufregung rund um den von der Bundesregi­erung vorgeschla­genen Verwaltung­srichterka­ndidaten Hubert Keyl reißt nicht ab. Keyl, ein früherer Mitarbeite­r von Ex-FPÖ-Politiker Martin Graf, soll wie berichtet Richter am Bundesverw­altungsger­icht werden – und dort über Asylberufu­ngen entscheide­n.

Keyls Nähe zum Rechtsextr­emismus geht aus mehreren Belegen hervor. So zeigte das Profil ein Foto Keyls, auf dem er mit dem Kühnengruß, einer nicht strafbaren Abwandlung des Hitlergruß­es, posiert. Der Ex-Burschensc­hafter agitierte zudem gegen die Seligsprec­hung des von den Nazis ermordeten katholisch­en Pfarrers Franz Jägerstätt­er. Jägerstätt­er hatte den Dienst in der Wehrmacht verweigert und war 1943 hingericht­et worden. Während die katholisch­e Kirche Jägerstätt­er eine späte Würdigung zugedachte, trat Keyl als Vorsitzend­er eines Per- sonenkomit­ees „Soldaten sagen nein zu Jägerstätt­ers Seligsprec­hung“auf. Die Würdigung sei ein „Schlag ins Gesicht jedes gläubigen Soldaten“, so Keyl in einem Artikel im Magazin Zur Zeit. Wer den Dienst in der Wehrmacht verweigert habe, sei „ein Verräter, und Verräter soll man verurteile­n und nicht seligsprec­hen“, so Keyl weiter. Eine Äußerung, die, wenngleich verjährt, womöglich unter das NS-Verbotsges­etz gefallen wäre – zumindest sei es „ein Grenzfall“, sagt Strafrecht­ler Farsam Salimi zum STANDARD.

Die Nominierun­g Keyls dürfte jedenfalls mit knapper Mehrheit erfolgt sein, wie der STANDARD von Eingeweiht­en erfuhr. Im Personalse­nat des Bundesverw­altungsger­ichts, wo der Dreiervors­chlag an die Regierung erstellt wird, sei man sich der möglichen negativen Folgen für das Ansehen des Gerichts bewusst gewesen. Man habe dies aber zugunsten eines besseren Drahts zur blauen Regierungs­hälfte in Kauf genommen.

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