Kanzler Kurz in Südtirol
Kanzler Kurz auf Besuch bei Südtirols Landeshauptmann
Der Auftritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Bozen am Freitagabend zum Landtagswahlauftakt der Südtiroler Volkspartei (SVP) sorgte bereits im Vorfeld für Polemiken. Die Forza-Italia-Abgeordnete Michaela Biancofiore kritisierte den Besuch als „inopportun und skandalös“und forderte gar eine Intervention der Regierung in Rom: „Dass ein Bundeskanzler im Ausland in einen Wahlkampf eingreift, das hat es nur bei Castro und Chávez gegeben.“Die Rechtspartei Fratelli d’Italia rief gar zu einer Kundgebung in Bozen auf.
Dabei sollte die Inszenierung des Auftritts den Eindruck dämpfen, Kurz würde tatsächlich im Wahlkampf mitmischen: Der Bundeskanzler und sein Südtiroler Gastgeber, Landeshauptmann Arno Kompatscher, vereinbarten bloß ein Gespräch in der Fertigungshalle eines Stahlbaubetriebs in der Bozner Industriezone, moderiert von einer Sportreporterin, anschließend gab es dann eine Party.
Ein Auftritt nicht ohne politische Anomalien: Denn Kurz regiert in Wien genau mit jener politischen Rechten, die in Bozen erbitterter Gegner der SVP ist.
Ob das Kurz-Gastspiel der SVP nützt, bleibt fraglich. Denn geradezu unvermeidlich ist das Thema, das den Südtiroler Rechtspar- teien wichtige Wahlkampfmunition liefert: der umstrittene Plan einer österreichischen Staatsbürgerschaft für bestimmte Südtiroler – zusätzlich zur italienischen.
Der freiheitliche Landesobmann Andreas Leiter Reber preist den Doppelpass als „historische Chance“: „Wir haben dieses Anliegen stets aktiv mitgetragen und unterstützt.“Die rechte Südtiroler Freiheit fordert einen entsprechenden Beschluss des Landtags in Bozen. Dagegen warnen die Grünen eindringlich vor einem solchen Schritt: „Die doppelte Staatsbürgerschaft für deutschund ladinischsprachige Südtiroler schafft nichts als Probleme!“
Durnwalder schießt quer
Dass Kompatschers Vorgänger Luis Durnwalder in der Tageszeitung Die Presse gleichzeitig die doppelte Staatsbürgerschaft als „großherzige Geste der Verbundenheit Österreichs mit Südtirol“begrüßte, macht Kompatschers Lage noch verzwickter.
Der aktuelle Landeshauptmann bekräftigt also seine Position: Die doppelte Staatsbürgerschaft dürfe „keine Sprachgruppe benachteiligen und kein trennendes Element sein“. Und Kurz stellt angesichts der Polemiken ohnehin schon seit mehreren Monaten klar, dass das Einverständnis Italiens unverzichtbar sei.