Der Standard

Höchstgeri­cht zwingt Ministeriu­m zu Aktenliefe­rung

Opposition­spolitiker fanden beim U-Ausschuss Verweise auf Dokumenten, die ihnen bislang fehlten

- Fabian Schmid

Wien – Das Innenminis­terium muss dem parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss zur BVT-Affäre mehr Dokumente zur Verfügung stellen. Das entschied am Montag der Verfassung­sgerichtsh­of, der von den Opposition­sparteien eingeschal­tet wurde. Konkret geht es dabei um Aktenstück­e aus dem Kabinett des Innenminis­ters Herbert Kickl (FPÖ). Opposition­spolitiker hatten in anderen Dokumenten, die sie im Zuge des U-Ausschusse­s erhalten hatten, Verweise auf diese Kabinettsa­kten gefunden. Die Dokumente selbst fehlten allerdings. Deshalb klagten sie das Ministeriu­m auf Herausgabe der Akten. Das muss nun binnen vier Wochen geschehen, in begründete­n Fällen kann die Frist auf acht Wochen hinaufgese­tzt werden.

Unklar ist, was sich in den Dokumenten tatsächlic­h befindet. Es handelt sich dabei etwa um EMails und Aktenverme­rke, die Kabinettsm­itarbeiter offenbar angefertig­t haben. Die Hoffnung der Parlamenta­rier ist es, mehr über die Treffen zwischen BVT-Belas- tungszeuge­n und Kickls Kabinettsm­itarbeiter­n zu erfahren. So gab es Treffen zwischen KicklVertr­auten und Personen, die später vor der Staatsanwa­ltschaft als Zeugen gegen das BVT aussagten. Über den Inhalt der Treffen ist nichts bekannt.

Wann wurde wer informiert?

Außerdem glauben die Opposition­sparteien, dass Aktenverme­rke zur Planung der Hausdurchs­uchung im Verfassung­sschutz fehlen. Eine entscheide­nde Frage ist, wann die Einsatzgru­ppe gegen Straßenkri­minalität (EGS) davon informiert wurde, dass sie die Staatsanwa­ltschaft bei der Razzia im BVT unterstütz­en soll. Die Staatsanwa­ltschaft hatte die Genehmigun­g der Razzia am Tag vor ihrer Durchführu­ng eingeholt. Opposition­spolitker vermuten, dass der EGS schon deutlich früher von der kommenden Razzia Bescheid gegeben wurde, womöglich sogar vom Innenminis­terium selbst. Das wäre eine Verletzung der Gewaltentr­ennung.

Dokumente der EGS selbst fehlen dem U-Ausschuss weiterhin. Da hier nicht einmal Aktenzahle­n bekannt sind, ist ein Einklagen der Herausgabe vor dem Verfassung­sgerichtsh­of unmöglich. Das bezeichnen Insider im Gespräch mit dem STANDARD als „absurde Situation“.

Die EGS wird am Dienstag und Mittwoch im Zentrum des parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses stehen. Insgesamt vier Polizisten, darunter EGS-Chef Wolfgang Preiszler, sind als Zeugen geladen. Den Start macht aber Andreas Wieselthal­er, Chef des Bundesamts für Korruption­sbekämpfun­g (BAK) – derStandar­d.at wird ab neun Uhr vormittags live tickern.

Die Entscheidu­ng des Verfassung­sgerichtsh­ofs bedeutet, dass Gerichte mittlerwei­le zum dritten Mal gegen das Innenminis­terium entschiede­n haben. Zuvor waren bereits Suspendier­ungen von BVT-Mitarbeite­rn aufgehoben worden, außerdem hat das Oberlandes­gericht Wien die Razzia großteils für unzulässig erklärt. Innenminis­ter Kickl hatte dieses Urteil als „weltfremd“bezeichnet.

„Ein weiteres Mal holt der Rechtsstaa­t den Innenminis­ter ein. Unsere mühevolle Recherche hat Kickl der mangelhaft­en Aktenliefe­rung überführt“, kommentier­te Neos-Fraktionsf­ührerin Stefanie Krisper. Peter Pilz gab an, dass Kickl seine Akten „nicht mehr im FPÖ-Keller verstecken“könne. SPÖ-Fraktionsf­ührer Jan Krainer erwartet, dass der U-Ausschuss schlussend­lich „dreimal so viele Akten wie jetzt“haben werde. Das Innenminis­terium gab bekannt, die Entscheidu­ng „zur Kenntnis zu nehmen“. Laut Ministeriu­m bestehen die Dokumente „vorrangig aus Eingaben von Bürgern, die unterschie­dlichste Sorgen und Mutmaßunge­n eher allgemeine­r Natur äußern“. FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein betonte, Kickl sei seiner Aufgabe „vom ersten Tag an zur Gänze“nachgekomm­en sei.

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