Höchstgericht zwingt Ministerium zu Aktenlieferung
Oppositionspolitiker fanden beim U-Ausschuss Verweise auf Dokumenten, die ihnen bislang fehlten
Wien – Das Innenministerium muss dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur BVT-Affäre mehr Dokumente zur Verfügung stellen. Das entschied am Montag der Verfassungsgerichtshof, der von den Oppositionsparteien eingeschaltet wurde. Konkret geht es dabei um Aktenstücke aus dem Kabinett des Innenministers Herbert Kickl (FPÖ). Oppositionspolitiker hatten in anderen Dokumenten, die sie im Zuge des U-Ausschusses erhalten hatten, Verweise auf diese Kabinettsakten gefunden. Die Dokumente selbst fehlten allerdings. Deshalb klagten sie das Ministerium auf Herausgabe der Akten. Das muss nun binnen vier Wochen geschehen, in begründeten Fällen kann die Frist auf acht Wochen hinaufgesetzt werden.
Unklar ist, was sich in den Dokumenten tatsächlich befindet. Es handelt sich dabei etwa um EMails und Aktenvermerke, die Kabinettsmitarbeiter offenbar angefertigt haben. Die Hoffnung der Parlamentarier ist es, mehr über die Treffen zwischen BVT-Belas- tungszeugen und Kickls Kabinettsmitarbeitern zu erfahren. So gab es Treffen zwischen KicklVertrauten und Personen, die später vor der Staatsanwaltschaft als Zeugen gegen das BVT aussagten. Über den Inhalt der Treffen ist nichts bekannt.
Wann wurde wer informiert?
Außerdem glauben die Oppositionsparteien, dass Aktenvermerke zur Planung der Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz fehlen. Eine entscheidende Frage ist, wann die Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität (EGS) davon informiert wurde, dass sie die Staatsanwaltschaft bei der Razzia im BVT unterstützen soll. Die Staatsanwaltschaft hatte die Genehmigung der Razzia am Tag vor ihrer Durchführung eingeholt. Oppositionspolitker vermuten, dass der EGS schon deutlich früher von der kommenden Razzia Bescheid gegeben wurde, womöglich sogar vom Innenministerium selbst. Das wäre eine Verletzung der Gewaltentrennung.
Dokumente der EGS selbst fehlen dem U-Ausschuss weiterhin. Da hier nicht einmal Aktenzahlen bekannt sind, ist ein Einklagen der Herausgabe vor dem Verfassungsgerichtshof unmöglich. Das bezeichnen Insider im Gespräch mit dem STANDARD als „absurde Situation“.
Die EGS wird am Dienstag und Mittwoch im Zentrum des parlamentarischen Untersuchungsausschusses stehen. Insgesamt vier Polizisten, darunter EGS-Chef Wolfgang Preiszler, sind als Zeugen geladen. Den Start macht aber Andreas Wieselthaler, Chef des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK) – derStandard.at wird ab neun Uhr vormittags live tickern.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs bedeutet, dass Gerichte mittlerweile zum dritten Mal gegen das Innenministerium entschieden haben. Zuvor waren bereits Suspendierungen von BVT-Mitarbeitern aufgehoben worden, außerdem hat das Oberlandesgericht Wien die Razzia großteils für unzulässig erklärt. Innenminister Kickl hatte dieses Urteil als „weltfremd“bezeichnet.
„Ein weiteres Mal holt der Rechtsstaat den Innenminister ein. Unsere mühevolle Recherche hat Kickl der mangelhaften Aktenlieferung überführt“, kommentierte Neos-Fraktionsführerin Stefanie Krisper. Peter Pilz gab an, dass Kickl seine Akten „nicht mehr im FPÖ-Keller verstecken“könne. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer erwartet, dass der U-Ausschuss schlussendlich „dreimal so viele Akten wie jetzt“haben werde. Das Innenministerium gab bekannt, die Entscheidung „zur Kenntnis zu nehmen“. Laut Ministerium bestehen die Dokumente „vorrangig aus Eingaben von Bürgern, die unterschiedlichste Sorgen und Mutmaßungen eher allgemeiner Natur äußern“. FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein betonte, Kickl sei seiner Aufgabe „vom ersten Tag an zur Gänze“nachgekommen sei.