Der Standard

„Mir riss der Geduldsfad­en“

SPÖ kürt Schickhofe­r vorzeitig zum Spitzenkan­didaten

- Walter Müller

Graz – Es hatte den Anschein, als sei Feuer am Dach.

Völlig überrasche­nd für alle Anwesenden stellte der Leobner Bürgermeis­ter Kurt Wallner am Montagaben­d im Parteivors­tand der steirische­n SPÖ den Antrag, Parteichef Michael Schickhofe­r solle hier und jetzt als Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl fixiert werden. Das Datum dieses Ad hoc-Antrages war bemerkensw­ert: Die Landtagswa­hl findet nämlich erst 2020 statt. Schickhofe­r wurde also am Montag bereits zwei Jahre zuvor zum Spitzenkan­didaten gekürt. Eine Panikaktio­n?

Der Hintergrun­d für diese, von etlichen Vorstandsm­itgliedern als „fast überfallsa­rtig“empfundene­n Abstimmung, bei der Schickhofe­r „100 Prozent“, wie er wenig später per Aussendung wissen ließ, erhalten hatte, ist wohl im ständigen Gemauschel um die Parteiführ­ung zu suchen. Seit Monaten wird hinter den Kulissen debattiert, ob Schickhofe­r, der von ÖVP-Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer als junger, treuer Regierungs­partner gehätschel­t wird, bei der Wahl 2020 gegen Schützenhö­fer reüssieren wird können. „Ich wollte einfach nicht mehr zuschauen, mir ist der Geduldsfad­en gerissen und da habe ich mich zu Wort gemeldet. Ich wollte jetzt einfach Nägel mit Köpfen machen“, begründet Bürgermeis­ter Wallner im Gespräch mit dem Standard seinen Antrag.

Es stünden jedenfalls alle SPÖBürgerm­eister geschlosse­n hinter Schickhofe­r: „Wir sind mit ihm sehr gut gefahren, wir sind optimal mit Landesgeld­ern für die Entwicklun­g unserer Gemeinden ausgestatt­et worden.“

Schickhofe­r bemüht sich zwar, Profil zu gewinnen, allerdings gerät er in der Landespoli­tik immer wieder in eine Doppelmühl­e.

Zum einen will er die SPÖOpposit­ionspoliti­k im Bund engagiert mittragen, zum anderen hält er ÖVP-Politiker Schützenhö­fer die Koalitions­treue, was im Landtag bei Themen wie dem 12-Stunden-Tag oder der Notstandsh­ilfe zu oft abenteuerl­ichen politische­n Verrenkung­en führt. „Ich hab ihm jetzt eh geraten, dass er sich bundespoli­tisch künftig mehr raushalten soll“, sagt Kurt Wallner.

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