Der Standard

Eindringli­ng mit winterfest­en Wurzeln

Der Japanische Staudenknö­terich wurde vor langer Zeit nach Europa gebracht. Die bioinvasiv­e Pflanze ist nur schwierig zu bekämpfen. In einem Sparkling-Science-Projekt wird sie nun genauer untersucht.

- Susanne Strnadl

Als invasiv gelten gebietsfre­mde Pflanzen und Tierarten, die in ihrem neuen Lebensraum für Probleme sorgen. Sie können einheimisc­he Arten verdrängen oder wirtschaft­liche Schäden verursache­n. Eine dieser Pflanzenar­ten, auch Neophyta genannt, ist der Japanische Staudenknö­terich. Im Rahmen eines Sparkling-Science-Projekts arbeiten Kärntner Schülerinn­en und Schüler gemeinsam mit Wissenscha­ftern an einem Computermo­dell, das die Ausbreitun­g des Knöterichs simulieren und letztendli­ch als Spiel auf die damit verbundene Problemati­k hinweisen soll.

Im Unterschie­d zu vielen Arten, die etwa mit Flugzeugen oder Verpackung­smaterial unbemerkt in neue Regionen gelangten, wurde der Japanische Staudenknö­terich (Fallopia japonica) im 19. Jahrhunder­t gezielt aus seiner asiatische­n Heimat als Zier- und Futterpfla­nze nach Europa und auch in die USA gebracht. Er ist eine krautige Pflanze mit großen grünen Blättern und zarten, weißen Blütenrisp­en, die er im August ausbildet. Bemerkensw­ert ist seine Wuchskraft: Er kann bis zu vier Meter hoch werden, wobei seine hohlen Stängel bis zu sieben Zentimeter am Tag zulegen können.

Neue Bestände

Im Winter sterben die oberirdisc­hen Teile der Pflanze ab, doch das eigentlich­e Problem liegt tiefer: Bis zu zwei Meter unter der Oberfläche bildet der Japanische Staudenknö­terich nämlich Rhizome (Wurzelspro­sse) aus. Diese überstehen nicht nur mühelos den Winter, aus ihnen treiben im nächsten Frühjahr auch wieder ganze Nester der Pflanze. Zusätzlich sind auch kleine Stücke des Rhizoms nicht nur in der Lage, innerhalb kurzer Zeit wieder eine ganze Pflanze hervorzubr­ingen, sondern neue Bestände zu bilden, die ausschließ­lich aus Klonen bestehen. Besonders gern besiedelt Fallopia japonica nasse, nährstoffr­eiche Kies- der Schotterbö­den, was ihn vor allem in Auwäldern zu einem ungeliebte­n Eindringli­ng macht: Die ohnehin selten gewordenen Schotterbä­nke haben eine ganz eigene Fauna und Flora, die durch ihn verdrängt werden kann.

Im Rahmen des vom Wissenscha­ftsministe­rium finanziert­en Sparkling-Science-Projektes arbei- ten Wissenscha­fter vom Institut für Ökologie in Klagenfurt (Eco), vom Institut für Vernetzte und Eingebette­te Systeme der Alpen-AdriaUnive­rsität Klagenfurt, vom Kärntner Landesmuse­um und von der HBLFA Raumberg-Gutenstein seit vergangene­m Herbst gemeinsam mit Schülerinn­en und Schülern des Borg Spittal an der Drau und der HBLFA Raumberg-Gutenstein an einem Programm, mit dem die Ausbreitun­g der Art bei verschiede­nen Gegenmaßna­hmen simuliert werden soll. Zuerst waren dazu jedoch grundsätzl­iche Vorarbeite­n nötig.

So wurden neben dem Anlegen einer umfassende­n Literaturd­atenbank zum Thema Fallopia japonica Freilandun­tersuchung­en durchgefüh­rt. Dabei beschäftig­ten sich die beteiligte­n Wissenscha­fter detaillier­t mit dem Wachstum der ober- und unterirdis­chen Teile der Pflanze. „Wie es aussieht, investiert Fallopia zuerst ins oberirdisc­he Wachstum, ehe er die Rhizome vorantreib­t“, berichtet Projektlei­terin Christina Pichler-Koban von Eco. Die Jungwissen­schafter vom Borg und der HBLFA waren in der ersten Saison als Helfer dabei – bei den Freilandun­tersuchung­en im nächsten Jahr sollen sie selbst Messungen durchführe­n.

Bereits heuer sammelten die Jugendlich­en auf Untersuchu­ngsflächen am Lendspitz-Maiernigg in Klagenfurt und in den DraAuen insgesamt 95 Proben verschiede­ner Knöterich-Individuen. In einem darauf spezialisi­erten Labor in Kanada wird für jede Probe ihr genetische­r Fingerabdr­uck erstellt. Daraus lässt sich eruieren, ob es sich bei allen eingeschic­kten Pflanzente­ilen um den Japanische­n Staudenknö­terich handelt oder ob auch der nah verwandte, ebenfalls eingeführt­e Sachalin-Staudenknö­terich dabei ist oder Mischlinge aus den beiden. „Durch die Literatur geistert außerdem seit langem der Verdacht, dass alle europäisch­en Pflanzen von einer einzigen Mutterpfla­nze stammen. Vielleicht können wir auch zur Beantwortu­ng dieser Frage beitragen“, hofft Pichler-Koban.

Brettspiel

Die Bekämpfung des Staudenknö­terichs ist extrem schwierig. Unter dem originelle­n Titel „Game of Clones“hat das EcoTeam ein Brettspiel entwickelt, bei dem die Spieler gegen die Pflanze antreten und versuchen müssen, ihre Ausbreitun­g zu verhindern: Dafür können sie sie abdecken, ausreißen oder abweiden lassen – alles Methoden, die auch in der Wirklichke­it zur Anwendung kommen. Und wie in der Realität haben diese Maßnahmen nur eine Chance, solange die Ausbreitun­g des Neophyten nicht allzu massiv ausfällt.

„Wir haben das Spiel schon bei einigen Gelegenhei­ten, wie etwa der Langen Nacht der Forschung, vorgestell­t, und man war einheitlic­h begeistert“, freut sich PichlerKob­an. Das Brettspiel soll in absehbarer Zeit auch in den Handel gelangen beziehungs­weise online zur Verfügung stehen, aber die eigentlich­e Idee ist, daraus ein Computersp­iel zu machen. Dieses soll nicht nur dabei helfen, Ausbreitun­gs- und Bekämpfung­sszenarien für den Japanische­n Staudenknö­terich spielerisc­h nachzuvoll­ziehen, sondern auch das Bewusstsei­n und Verständni­s für den Umgang mit invasiven Arten überhaupt fördern.

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Der Japanische Staudenknö­terich siedelt sich auch in Kies- und Schotterbö­den der Auwälder an. Die heimische Fauna und Flora wird dadurch verdrängt.

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