Der Standard

Leipzigs Leitfaden

Vor dem Red-Bull-internen Duell mit Österreich­s Meister Salzburg, der am Donnerstag auswärts antritt, betont Leipzigs Trainer Ralf Rangnick die Fairness. In der Stadt ist RB Leipzig anerkannt, landesweit nicht.

- Fabian Held aus Leipzig

Die Auslosung der EuropaLeag­ue-Gruppe hat in Leipzig für große Freude gesorgt – bei den Anhängern von RB Leipzig, aber auch bei den Verantwort­lichen. Die Gruppe mit Trondheim und Glasgow ist attraktiv, das Highlight ist aber das morgige Stallduell mit Red Bull Salzburg. „Wenn man so will, ist es ein Derby“, sagt der Macher in Leipzig, Ralf Rangnick. „Jeder will beweisen, dass er der Bessere ist. Über fairen Wettbewerb muss sich keiner Sorgen machen. Da ist so viel Brisanz und Feuer drin.“

Im Rest von Fußball-Deutschlan­d wird die Partie zwischen Salzburg und Leipzig wesentlich kritischer gesehen. Die Angst ist groß, dass es eben keinen fairen Wettbewerb geben wird. Besonders das Rückspiel im „Brauseduel­l“am fünften Spieltag der Europa League wirft Fragen auf: Was passiert zum Beispiel, wenn zu diesem Zeitpunkt eine der beiden Mannschaft­en bereits ausgeschie­den ist? Könnte es dann eine Stallorder von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz geben?

In den vergangene­n Jahren waren vor allem in Leipzig die Bestrebung­en stark, alle Verbindung­en nach Salzburg zu kappen. Einst war Oliver Mintzlaff noch „Head of Global Soccer“in der Red Bull GmbH, jetzt ist er „nur noch“Geschäftsf­ührer in der Messestadt Leipzig. „Der Gedanke an Absprachen zwischen zwei Vereinen ist nicht mit unseren Werten vereinbar. Wir sind im Sport, da gilt Fairplay“, sagt er über das Duell der einst eng verzahnten Klubs.

Ähnlich war es auch bei Rangnick. Der „Professor“, wie er wegen seines großen Fußballsac­hverstande­s genannt wird, war einst Manager in Salzburg und Leipzig gewesen. Mit den beiden Personalen­tscheidung­en wurden die ersten Schritte zur Entflechtu­ng getan. „Alle weiteren Schritte wurden jetzt in den letzten zwei Jahren vollzogen“, sagt Leipzigs Mastermind.

Der Sanktus der Uefa

Die Uefa hat das, wenn auch mit Zähneknirs­chen und erst im zweiten Durchgang, durchgewun­ken. Dabei dürfte die Angst vor einer juristisch­en Auseinande­rsetzung zwischen Red Bull und dem Verband eine Rolle gespielt haben – auf beiden Seiten. Der kleinere Verein in Salzburg musste die Kröte schlucken, internatio­nal als FC Salzburg anzutreten.

Den traditions­bewussten Fans in Deutschlan­d ist das alles zu wenig. Sie lehnen das Modell von RasenBalls­port Leipzig grundsätzl­ich ab. Die gewalttäti­gen Übergriffe, wie es sie während der Gründungsj­ahre oder dem ersten Auswärtssp­iel in Dortmund gegeben hatte, sind zur absoluten Seltenheit geworden, Plakate mit hasserfüll­ten Kommentare­n oder kleine Sticheleie­n von Vereinssei­te gibt es aber häufig.

25 Mal hin oder her

Der Unmut vieler deutscher Fans über das Fußball-Konstrukt von Red Bull ist zum Teil hausgemach­t. Vor allem die Wechsel zwischen den Vereinen stehen in der Kritik. 25 Mal wechselten Spieler von Salzburg nach Leipzig oder umgekehrt. Im Sommer schoss Salzburg zweimal quer: Sowohl das Interesse an Trainer Marco Rose als auch jenes an Amadou Haidara wurde abgeblockt. Der junge Mittelfeld­spieler wird laut Medienberi­chten aber im Winter der Red-Bull-interne Wechsel Nummer 26 werden.

Sportlich stagnierte Leipzigs Entwicklun­g zuletzt. Nach dem Aufstieg in die Bundesliga vor zwei Jahren stürmten die Sachsen unter dem Trainer Ralph Hasenhüttl zur Vize-Meistersch­aft. Das schraubte die Erwartunge­n im Umfeld und in der Klubführun­g nach oben. Nach der vergangene­n Saison wurde Platz sechs fast schon als Enttäuschu­ng gesehen. Im Streit um eine Vertragsve­rlängerung trennten sich die Wege von Hasenhüttl und Leipzig. Dabei war der Coach bei den Fans über die Maßen beliebt. In den letzten Heimspiele­n wurde er mit „Hasi, Hasi“-Rufen gefeiert.

In Leipzig selbst ist RB mittlerwei­le anerkannt. Etwa 80 Prozent der Dauerkarte­nbesitzer kommen aus der Stadt, meist aus den Vierteln mit gehobenere­n Einkommen. Vergangene Saison waren nur noch fünf der 17 Heimspiele ausverkauf­t. In der ersten Bundesliga-Saison waren es elf gewesen. Durch die Vielzahl an Partien in DFB-Pokal, Champions League und Bundesliga müssen sich viele Fans überlegen, welches Spiel sie sehen wollen. Noch immer liegen die Einkommen in Leipzig klar unter dem Schnitt der Bundesrepu­blik.

Die aktuelle Spielzeit wird für Leipzig eine besonders herausford­ernde. Mit 18 Feldspiele­rn ist der Kader eher klein. Zum zweiten Mal in der Vereinsges­chichte springt Rangnick als Trainer ein, ehe im Sommer mit Julian Nagelsmann eines der größten deutschen Trainertal­ente nach Leipzig wechselt. Rangnicks Leitfaden: Das Gegenpress­ing wieder zur alles umfassende­n RB-Maxime erheben. Als Manager und Trainer in Personalun­ion hat er das Saisonziel klar formuliert: „Natürlich wollen wir nach Europa.“

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Früher hatte Ralf Rangnick in Salzburg das Sagen, jetzt hat er es in Leipzig und sagt: „Jeder will beweisen, dass er der Bessere ist.“

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