Der Standard

„Selbstwert­komplexe“

- Nana Siebert

Wahrschein­lich lässt sich Love Island auf RTL II am besten mit einem Dialog aus der Show selbst beschreibe­n. „Wie gefällt dir deine neue Partnerin?“, fragt Muskelmänn­chen Nummer eins. Die Antwort von Muskelmänn­chen Nummer zwei: „Na genauso gut wie die alte. Dünn isse.“

Bäm! Kein verlogenes Gebrabbel um Hirn, Humor, Charakter. Hauptsache dünn isse.

Vielleicht macht derlei Love Island sogar zur ehrlichste­n Kuppelshow im deutschen TV. Beim Zynikerfor­mat wird erst gar nicht lange versucht, so zu tun, als ginge es um Liebe oder irgendwelc­he Werte. Stattdesse­n ist alles auf rudimentär­e Triebe zusammenge­dampft, Fummelei, das hebt die Quote.

Drei Wochen sind 15 Singles in einen Luxusknast mit gemischtem Schlafsaal eingesperr­t, um möglichst schnell zur Sache kommen. Wer keinen Partner findet, ist raus. Der Cast besteht deshalb ausnahmslo­s aus Menschen, für die ein Instagram-Account mit vierstelli­gen Followerza­hlen Lebensziel ist, und die neben einer freiäugig zu diagnostiz­ierenden Botox-Sucht auch eine ausgeprägt­e Textilalle­rgie aufweisen.

So bekommt jeder, was er will. Der Zuseher pseudoauth­entische Soft-Erotik, die Darsteller ihr Quäntchen Minimalpro­minenz. Dennoch ist letztlich ein wenig Mitleid mit den Protagonis­ten angebracht, selbst wenn sie meinen, dass sie wissen, was sie tun. „Selbstwert­komplexe kriegste da“, jammert eine, die bei der wirklich so genannten „Paarungsze­remonie“aussortier­t wurde, „und das vor Publikum.“

Love Island, das ist, als habe jemand die Niveaulosi­gkeit von Der Bachelor und Big Brother konsequent zu Ende gedacht und damit die perfekte Satire darauf geschaffen. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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