Der Standard

Sebastian Kurz braucht jetzt einen „Plan B“

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Wenn die Herumreise­rei zwischen Kairo, Berlin, Rom und Paris und der Salzburg-Gipfel vorbei sind, sollte Sebastian Kurz zehn Minuten darüber nachdenken, wen er da als Koalitions­partner hat. Den Anlass dazu geben zwei Entwicklun­gen: E inerseits zeigt sich immer deutlicher, dass die FPÖ bewusst oder unbewusst – oder weil sie einfach so ist – nur destruktiv sein kann.

Anderersei­ts ist durch den Rücktritt von Christian Kern vielleicht die SPÖ als ein potenziell­er Juniorpart­ner für Kurz entstanden.

Bürgerlich­e Opinionlea­der meinten schon seit einiger Zeit, Kurz müsse sich einen „Plan B“zurechtleg­en, weil das mit der FPÖ auf Dauer nicht ginge:

1) Die FPÖ schickt immer wieder Personal an die Schlüssels­tellen dieses Staates, deren Unterschie­d zu Neonazis mit freiem Auge kaum erkennbar ist. Letzter Fall: Der „Jägerstätt­er war ein Verräter“-Burschensc­hafter Hubert Keyl, der mit knapper Not als Bundesverw­altungsric­hter verhindert wurde. Solche Leute, alles Burschensc­hafter, gibt es zuhauf in der FPÖ, sie sind der wahre Kern der Partei, sie sind die Führungs-„Elite“, sie sitzen in Ministerbü­ros und sickern in die staatliche­n Institutio­nen ein. Das ist der Typ Leute, die nichts, niente, nada aus der NS-Katastroph­e gelernt hat.

2) Die FPÖ tut sich auf europäisch­er Ebene mit rechtsextr­emen bis halbfaschi­stischen Parteien und Regierunge­n zusammen, um die EU zu zerstören. Sie steht damit im diametrale­n Gegensatz zur „Europapart­ei“ÖVP. Sie torpediert aktiv die Bemühungen europäisch­er Konservati­ver und der ÖVP selbst, gegen undemokrat­ische und rechtsstaa­tswidrige EU-Mitglieder vorzugehen. Das EU-Parlament leitet mit den Stimmen der ÖVP ein Rechtsstaa­tsverfahre­n gegen das Ungarn Viktor Orbáns ein. Strache preist Orbán als „großen Europäer“und zwingt die Außenminis­terin Kneissl, sich lächerlich zu machen, indem sie die Abstimmung „überprüfen“lässt. Der italienisc­he Halbfaschi­st Matteo Salvini betreibt beim Wiener Treffen der Innenminis­ter reine Obstruktio­nspolitik und lässt heimlich die Verhandlun­gen filmen. Minuten später strahlen Strache und Kickl mit ihm in die Kamera.

3) Die FPÖ erobert Machtstruk­turen des Staates, indem sie widerrecht­lich den Verfassung­sschutz stürmen lässt und die „Einsatzgru­ppe gegen Straßenkri­minalität“(EGS) offenkundi­g zur EGSK („Einsatzgru­ppe Straßenkäm­pfer Kickl“) umbaut.

Das wird verstärkt so weitergehe­n, je sicherer sich die FPÖ im Machtbesit­z wähnt. Sebastian Kurz und sein innerer Kreis mögen glauben, dass man die FPÖ zum Umbau des Staates unter Ausschaltu­ng der Arbeitnehm­ervertrete­r benötigt, aber irgendwann ist der Preis K zu hoch. urz liegt super in den Meinungsum­fragen, täglich beteuern ÖVP und FPÖ einander, wie super alles läuft. Warum soll Kurz auf einen „Plan B“sinnen? Weil gerade für ihn als coolen Analytiker klar sein muss, dass die Nibelungen­treue zur FPÖ selbstbesc­hädigend und schädlich für das Land ist. Die Nibelungen sind bekanntlic­h groß untergegan­gen. hans.rauscher@derStandar­d.at

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