Der Standard

Integratio­nsprämie für Firmen statt Mindestsic­herung

- CHRISTOPH LEITL steht den europäisch­en Wirtschaft­skammern als Präsident vor, bis Mai war er WKO-Chef. Christoph Leitl

Wir Europäer stehen in einem ungeheuer starken Wettbewerb in der globalen Welt. Wer glaubt, dass dies Anlass genug sei, um zusammenzu­halten und an Strategien und Lösungen zu arbeiten, irrt. Die Gespenster des Nationalis­mus, Protektion­ismus und Egoismus tauchen wieder auf und fordern europäisch­e Grundwerte wie Solidaritä­t, Zusammenar­beit und Gemeinsamk­eit heraus.

Eine der politische­n Hauptström­ungen unserer Zeit ist die Angst vieler Menschen vor einer Überfremdu­ng, verbunden mit Existenzän­gsten und Identitäts­verlusten. Genau an diesem zentralen Punkt kann sich Europa nicht einigen. Wie geht man mit Flüchtling­en um, die unseren Schutz und unser Bekenntnis zur Humanität einfordern? Noch immer ist man bei Lösungsans­ätzen vom Quotendenk­en nicht weggekomme­n, wohl wissend, dass diesbezügl­ich Gräben vertieft werden.

Die europäisch­e Wirtschaft­skammer mit ihren 20 Millionen Mitglieder­n hat eine wichtige Aufgabe: der ratlosen Politik zu helfen, wie man Asylberech­tigte auch tatsächlic­h in unsere Gesellscha­ft integriere­n könnte. Konkreter Ansatzpunk­t könnte folgende Idee sein: Geben wir Asylberech­tigten dort, wo eklatanter Mangel an Fachkräfte­n besteht (eine Mangelberu­fsliste gibt es beim AMS!), die Möglichkei­t, Leistungen nicht nur zu beziehen, sondern auch zu erbringen! Und geben wir den Betrieben, die Integratio­nsarbeit in der Vermittlun­g sprachlich­er Fähigkeite­n, in der berufliche­n Aus- und Weiterbild­ung etc. leisten, die Möglichkei­t, eine „Integratio­nsprämie“in Höhe der dann entfallend­en Mindestsic­herung zu erhalten. Diese sollten dafür umgekehrt gemäß Kollektivv­ertrag bezahlen. Wenn die EU aus Überschüss­en des Sozialfond­s noch einen Beitrag leistet, dann gibt dies ein interessan­tes, praxisnahe­s Modell und wir hätten eines der großen europäisch­en Streitthem­en zumindest abgemilder­t.

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