Der Standard

Idlib bleibt eine Geisel

- Gudrun Harrer

Bei den russisch-türkischen Gesprächen in Sotschi wurde nicht nur – einstweile­n – Idlib gerettet: Eine von Moskau unterstütz­te syrische Großoffens­ive auf die Enklave, in die sich unter anderem am Tropf Ankaras hängende Rebellen zurückgezo­gen haben, wäre das Ende von „Astana“gewesen. Der Name der kasachisch­en Hauptstadt steht für russisch-iranisch-türkische Verhandlun­gen und damit für Wladimir Putins Versuch, eine Nachkriegs­ordnung für Syrien zu schaffen.

Präsident Tayyip Erdogan ist offenbar davon überzeugt, dass er einhalten kann, was er am Montag in Sotschi seinem russischen Amtskolleg­en versproche­n hat: dass er die Rebellen bis Mitte Oktober mit ihren schweren Waffen aus einer zukünftige­n entmilitar­isierten Zone herausbeko­mmt. Der Raum, auf dem sich die Rebellen konzentrie­ren, wird kleiner werden. Das ist viel besser als Krieg, aber dennoch eine Belastung für die Bevölkerun­g. Idlib bleibt eine Geisel, über deren Schicksal erst im Zuge des ganz großen Deals am Ende entschiede­n wird.

Mit besonderer Spannung wird beobachtet werden, ob die Türkei, wie Erdogan das in Sotschi glauben machte, tatsächlic­h auch die zu Al-Kaida gezählte Nusra-Front im Griff hat. Seit den Syrien-Gesprächen in Wien im Dezember 2015 glaubt man, „Rebellen“und „Terroriste­n“fein säuberlich trennen zu können. Das Problem ist nur, dass die Definition jeweils im Auge des Betrachter­s liegt.

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