Notizen zur BVT-Razzia vernichtet
Kabinett Kickl wollte laut Zeuge nur wenige Vermerke
Wien – Der Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, hat den polizeilichen Einsatzleiter der BVT-Razzia beauftragt, Notizen zur Hausdurchsuchung zu vernichten. Das sagte Wolfgang Preiszler, der die Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität (EGS) während der Razzia kommandierte, im parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Wenn sie nicht mehr „gebraucht wird“, solle „jede Dokumentation vernichtet werden“, so Preiszler. Außerdem habe Goldgruber schon sieben Tage vor der Razzia gefragt, ob Preiszler 30 bis 40 Beamte spontan bereitstellen könne.
Preiszler ist nicht nur Spitzenpolizist, sondern auch FPÖ-Gemeinderat. Seine Aussage war mit Spannung erwartet worden. Neben Preiszler sagten noch zwei EGS-Beamte aus. Die Oppositionsparteien vermuteten, dass es zwischen den Polizisten zur Zeugenabsprache gekommen war. Diese gaben an, in „Vernehmungstechniken“geschult worden zu sein. (red)
Der mit Spannung erwartete Auftritt von Wolfgang Preiszler wäre fast ausgefallen. Das befürchteten zumindest anwesende Journalisten und Politiker kurz vor neun Uhr, als Preiszlers Anwalt Manfred ArbacherStöger ankündigte, sein Mandant werde großflächig von seinem Recht auf Entschlagung Gebrauch machen.
Dazu kam es jedoch dann nur selten: Verfahrensrichter Eduard Strauss wehrte Preiszlers Begehren ab. Der Verweis auf laufende Ermittlungen wegen Nötigung bei der BVT-Razzia reiche nicht aus, niemand könne sich aller Fragen entschlagen.
So gab Preiszler dann doch Auskunft über Vorbereitung und Durchführung der Hausdurchsuchung. Darunter etwa so Erstaunliches wie der Sachverhalt, dass Peter Goldgruber, Generalsekretär im Innenministerium, bei einer Besprechung Informationen über die Sicherheitsvorkehrungen beim BVT bereitstellte. Schon am 21. Februar, also vor den Zeugenaussagen, die zur Razzia geführt haben sollen, fragte Goldgruber seinen langjährigen Kollegen Preiszler, ob dieser kurzfristig dreißig bis vierzig Beamte aufstellen könne. Preiszler dachte damals, es ginge um einen Einsatz gegen „IS-Terrorismus“.
Streit um Facebook-Postings
Im Verlauf der Befragungen taute Preiszler auf, bis seine Stimmung durch Fragen der NeosAbgeordneten Stephanie Krisper einen Dämpfer erhielt. Diese wollte nämlich wissen, warum Preiszler auf Facebook rassistische Kommentare und Beiträge von sogenannten Staatsverweigerern ge- liket hatte. Daraufhin gab es Streit zwischen den Fraktionen, ob dieses Thema zulässig sei.
Die Oppositionsparteien argumentierten geschlossen, dass die Postings und Preiszlers angebliche Rechtslastigkeit ein mögliches Motiv für eine überschießende Razzia beim BVT sein könnten – Peter Pilz fragte etwa, ob über Preiszler selbst ein Akt im Rechtsextremismusreferat geführt werde. Regierungsparteien und der Verfahrensrichter lehnten die Fragestellung zum Ärger der Opposition jedoch ab.
Zu den Vorwürfen wegen Nötigung, wegen derer sich Preiszler entschlagen wollte, äußerte er sich kurz. Er gab an, die Warnung an einen BVT-Beamten, bei Protest suspendiert zu werden, sei eine „Serviceleistung“gewesen.
Um die Frage nach etwaiger Vertuschung ging es auch bei der Befragung von Preiszler. Dieser sagte aus, dass ihn Generalsekretär Peter Goldgruber gebeten hatte, unnötige Notizen zu vernichten.
Von rund zwanzig Aktenvermerken, die Preiszler erwähnte, hat der U-Ausschuss bislang nur zehn Aktenvermerke erhalten, hieß es. Für Verwunderung sorgte Preiszlers Aussage, dass er ausreichende Vorbereitungen für eine Versiegelung der sensiblen BVTDaten getroffen hatte. So wäre genug Material vorhanden gewesen, um die Datenträger zu versperren. Das sei jedoch offenbar von der Staatsanwältin abgelehnt worden. Diese wollte ursprünglich IT-Experten „aus Deutschland“beiziehen, erzählte der Spitzenpolizist.
Preiszler selbst beklagte sich über die kurze Anlaufzeit vor dem Einsatz – normalerweise hätte seine Gruppe weitaus mehr Zeit zur Vorbereitung benötigt. Auch das Nachspiel ärgert ihn: Die Aufmerksamkeit von Medien und Politik habe seine Truppe „aus der Umlaufbahn geworfen“, so Preis- zler, dem die EGS beim LPD Wien zugeteilt ist.
Absprachen vermutet
Am Nachmittag erschien dann ein weiterer EGS-Polizist, der angab, dass sich Preiszler und S., der am Dienstagnachmittag im UAusschuss befragt worden war, noch in der Früh über den Ausschuss unterhalten hatten. Sie hätten darüber „gewitzelt“, so der Zeuge. Das warf Fragen nach einer möglichen Absprache zwischen den Polizisten auf. Schon durch die Aussage von S. war bekannt, dass die Beamten eine „Schulung in Verhörtechniken“(S.) beziehungsweise zum „korrekten Auftritt vor Gericht“(Preiszler) erhalten hatten. Daran haben nur EGSMitarbeiter teilgenommen, die vor dem U-Ausschuss geladen sind.
Außerdem glichen Antworten des Zeugen S. teils jenen eines weiteren EGS-Beamten, der vor zwei Wochen vor dem U-Ausschuss Platz genommen hatte. Alle EGS-Beamten gaben an, eigentlich nicht für Sicherstellungen vorgesehen gewesen zu sein. Das habe sich erst im Lauf der Razzia ergeben.