Der Standard

Türkis-blauer Jobgipfel endete mit wenig konkreten Beschlüsse­n

Mehr Mobilität, mehr Fachkräfte aus dem Ausland: Mit mehreren Initiative­n will die türkis-blaue Regierung den Arbeitsmar­kt beleben. Beim Jobgipfel wurde klar, dass es bisher auf knifflige Detailfrag­en nur wenige Antworten gibt.

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Wien – Ein Auftakt für weitere Gespräche mit den Sozialpart­nern, aber wenig konkrete Ergebnisse: So lautet die knappe Zusammenfa­ssung des Jobgipfels der türkisblau­en Regierung vom Mittwoch. Konkret soll ein Budget für Integratio­ns- und Mobilitäts­maßnahmen bei Lehrlingen, besonders bei asylberech­tigten, von zehn auf 20 Millionen Euro erhöht werden.

Bei der Regionalis­ierung der Mangelberu­fsliste kündigte Sozialmini­sterin Beate HartingerK­lein die Einbindung der Sozialpart­ner an. ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz sprach von einem konstrukti­ven Gespräch, „ob man wirklich Lösungen will oder das Ganze nur eine PR-Show war, wird sich erst zeigen“. (red)

Viele Aufrufe, aber wenige handfeste Beschlüsse: So lassen sich die Ergebnisse des Jobgipfels der Bundesregi­erung mit den Sozialpart­nern vom Mittwoch zusammenfa­ssen, zu dem Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) und Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck (ÖVP) geladen hatten. Viele Detailfrag­en sind bei den Themen, die am Gipfel diskutiert wurden, offengebli­eben. Im Einzelnen:

FPÖ und ÖVP wollen mehr MitQ tel für Lehrlingsf­örderung bereitstel­len. Ein entspreche­nder Topf soll von zehn auf 20 Millionen Euro aufgestock­t werden. Mit dem Geld sollen vor allem Mobilitäts­programme von Asylberech­tigten gefördert werden. Die Idee dahinter: Ein Großteil der anerkannte­n Flüchtling­e lebt in Wien. Offene Lehrplätze gibt es vor allem im Westen. Die zusätzlich­en Finanzmitt­el dienen dazu, Asylberech­tigte im Rahmen des „b.mobile“Projektes von Ost nach West zu bekommen, ihnen vorbereite­nde Deutschkur­se und Praktika zu finanziere­n. Firmen können Förderunge­n für Lehrlinge beantragen.

Bisherige Initiative­n in diese Richtung hatten allerdings wenig Erfolg, und es ist unklar, warum sich das ändern sollte. Asylberech­tigte zieht es nach Wien, weil die Menschen hier Angehörige ihrer Community vorfinden.

Die Sozialhilf­e verkompliz­iert die Vermittlun­gsanstreng­ungen zusätzlich: In Wien können Jugendlich­e eine Lehre absolviere­n, ohne dass ihr Lehrlingsg­ehalt, etwa 500 bis 800 Euro im Monat im ersten Jahr, bei der Mindestsic­herung angerechne­t wird.

In den meisten Bundesländ­ern ist das anders. Deshalb wollen viele Asylberech­tigte nicht weg aus Wien. Oder aber im Rahmen von „b.mobile“müssen für jeden Einzelfall Sonderlösu­ngen mit den Sozialämte­rn der Länder verhandelt werden. Das Prozedere ist also komplizier­t. Seit zwei Jahren läuft „b.mobile“, weniger als 100 Asylberech­tigte wurden vermittelt.

Dass nun ein Integratio­nsprojekt gefördert wird, ist zudem überrasche­nd. Die Regierung hat dem Arbeitsmar­ktservice AMS das Budget für Maßnahmen zur Einglieder­ung von Asylberech­tigten erst 2018 von 150 auf rund 50 Millionen gekürzt. Nun gibt es wieder etwas mehr Geld. Auf Nachfrage zu diesem Zick-ZackKurs sagte Sozialmini­ster Hartinger-Klein am Mittwoch, dass das AMS heuer weniger Asylberech­tigte betreue als 2017. Die Kürzung sei also real keine. Ein Blick in die Statistik zeigt aber, dass die Zahl der betreuten Asylberech­tigten beim AMS gestiegen ist.

Bekräftigt wurde nach dem JobQ gipfel, zu dem auch ÖGB, Arbeiterka­mmer, Industriel­lenvereini­gung, Landwirtsc­haftskamme­r, Wirtschaft­skammer und die AMSFührung geladen waren, dass die Mangelberu­fsliste regionalis­iert werden soll. Aktuell können Drittstaat­sangehörig­e eine Rot-WeißRot-Karte in einem Mangelberu­f wie Schweißer oder Elektrotec­hniker beantragen und dann zwei Jahre in Österreich arbeiten. Weil es in Wien so viele Arbeitslos­e gibt, stehen auf der österreich­weiten Mangellist­e nur wenige Berufe. Künftig soll es für jedes Bundesland eine eigene Liste geben. Offen ist, wie sichergest­ellt werden kann, dass zum Beispiel ein ukrainisch­er Koch, der eine Arbeitserl­aubnis für Tirol be- kommt, nicht nach zwei Monaten aufhört und erst recht nach Wien zieht. Die Rot-Weiß-Rot-Karte gilt derzeit österreich­weit. Weiters offen ist, wie Mangelberu­fe festgelegt werden. Die Arbeitnehm­erseite drängt darauf, Mangelberu­fe nach strikten Kriterien zu definie- ren. Nur dass es wenig Bewerber in einer Branche gibt, soll nicht reichen. Andere Kriterien wie die Lohnentwic­klung soll berücksich­tigt werden. Ministerin Hartinger-Klein will darüber mit den Sozialpart­nern verhandeln.

Zusätzlich soll es neue „FörderQ modelle zur Steigerung der Mobilität von Jugendlich­en geben“. Auch hier geht es um die OstWest-Kluft am Jobmarkt. Wie Programme aussehen können, wird erst diskutiert. Fix ist eine Reform bei der überbetrie­blichen Lehre, die Menschen bis 25 beim AMS absolviere­n können. Künftig sollen die AMS-Lehrlinge verpflicht­et werden, sich einmal im Jahr für Lehrplätze in klassische­n Betrieben zu bewerben. Sie müssen zudem jährlich ein Praktikum absolviere­n. (szi)

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Im Fokus beim Jobgipfel am Mittwoch standen Wirtschaft­sministeri­n Schramböck und Sozialmini­sterin Hartinger-Klein. Beide wollen mit den Sozialpart­nern im Gespräch bleiben.

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