Der Standard

Theresa May bittet EU-Partner zum letzten Tango

Mit Gesprächen über eine effiziente­re Politik zur Bekämpfung illegaler Migration hat der EU-Gipfel in Salzburg begonnen. Wegen des Zeitdrucks steht aber der Brexit im Zentrum.

- Manuela Honsig-Erlenburg Thomas Mayer

Bei einem informelle­n EUGipfel wie dem in Salzburg gebe es „keine Ergebnisse, keine Beschlüsse“, weil man sich in einem lockeren Rahmen und frei von großen Tagesordnu­ngen über die langfristi­gen Perspektiv­en unterhalte­n wolle. Die Staatsund Regierungs­chefs sollten sich offen ausspreche­n können, ohne Druck, vor allem über jene Themen wie Migration, die den Bürgern unter den Nägeln brennen.

Das hat Bundeskanz­ler Sebastian Kurz in den Tagen der Vorbereitu­ng des Spitzentre­ffens in der Mozartstad­t immer wieder besonders betont. Er ist als derzeitige­r Präsident des Rates der Union der Gastgeber, er sorgte für ein künstleris­ch inspiriert­es Umfeld, in dem sich die Premiermin­ister versammeln. Mittwochab­end war es ein gemeinsame­s Arbeitsess­en auf der Bühne der Felsenreit­schule der Festspiele, auf das sich die Teilnehmer freuen konnten.

Am Donnerstag werden sie die Musikunive­rsität, das Mozarteum, ganz in Beschlag nehmen, um über die Zukunft der Union ohne Großbritan­nien zu reden.

Dass das aufgrund der angespannt­en Lage bei den Verhandlun­gen, die seit Monaten festste- cken, nicht ohne konkrete Entscheidu­ngen abgehen kann, das machte ausgerechn­et Kurzens Gipfelpend­ant, der Ständige Präsident des Europäisch­en Rates, Donald Tusk, deutlich, noch bevor es überhaupt begonnen hatte.

Er verkündete in einer Pressekonf­erenz, dass es im November einen Sondergipf­el in Brüssel in Sachen Brexit geben werde, zumindest werde er das seinen Kollegen vorschlage­n. Er lobte auffallend den von der britischen Premiermin­isterin Theresa May vorgelegte­n „Chequers-Plan“, der nicht nur unter den EU-27 umstritten ist, weil er „Rosinenpic­kerei“enthält; weil London damit gerne eine maßgeschne­iderte Teilnahme am EU-Binnenmark­t durchsetze­n würde (durch Warenfreih­eit ohne Dienstleis­tungen), aber Verpflicht­ungen und Nachteile desselben aussparen möchte. Dennoch: Tusk sagte, viele der darin enthaltene­n Vorschläge seien positiv. Noch immer seien allerdings „verschiede­ne Szenarien offen“. Nachbesser­ungen müsse es noch in der Irland-Frage bzw. bei den offenen Grenzen zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland im Süden geben, und bei der geplanten künftigen Wirtschaft­skooperati­on.

Es gebe derzeit „mehr Hoffnung, aber uns läuft die Zeit da- von“, warnte Tusk. Das bestätigte sich in Salzburg auch durch weitere Forderunge­n, die May zum Gipfel mitgebrach­t hatte. Sie forderte die EU-Partner auf, „flexibler“auf die britischen Forderunge­n zu reagieren.

Insbesonde­re der französisc­he Präsident Emmanuel Macron hatte das im Vorfeld des Gipfels dezidiert ausgeschlo­ssen. Der Erhalt der Einheit des Binnenmark­tes, die Stärkung der künftigen EU-27 seien nicht verhandelb­ar.

Tusk betonte, dass er einen Abschluss der Verhandlun­gen trotz der Widersprüc­he noch in diesem Herbst möchte. Nur dann kann Großbritan­niens EU-Austrittsv­ertrag rechtzeiti­g vor dem Termin des Exits am 29. März 2019 auch im EU-Parlament verabschie­det werden. Kurz sagte später, ein Deal mit Großbritan­nien sei „eine Notwendigk­eit“. Alles andere wäre ein Schaden für die Union.

Fortschrit­te bei Migration

Tusk betonte, dass sich auch in anderen Fragen die Dinge „trotz der aggressive­n Rhetorik in die richtige Richtung bewegen“. Noch vor drei Jahren habe es zwei Millionen Neuankünft­e von Migranten gegeben, diese Zahl sei inzwischen auf 100.000 gesunken, also auf ein Niveau, wie man es viele Jahre lang gehabt habe.

Wie berichtet, wird der Gipfel vor allem die Pläne zur Stärkung der EU-Grenzbehör­de Frontex erörtern und wie man rascher zu Rückführun­gsabkommen mit afrikanisc­hen Staaten kommen kann, um abgelehnte Asylwerber effektiver in ihre Herkunftsl­änder zurückbrin­gen zu können.

Auch sollte ein Konzept für mehr Wirtschaft­skooperati­on mit Afrika besprochen werden.

 ??  ?? Das Podium stand am Mittwoch im Salzburger Mirabellga­rten schon bereit. Heute, Donnerstag, sollen hier die Teilnehmer des EU-Gipfels für das Familienfo­to posieren.
Das Podium stand am Mittwoch im Salzburger Mirabellga­rten schon bereit. Heute, Donnerstag, sollen hier die Teilnehmer des EU-Gipfels für das Familienfo­to posieren.

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