Theresa May bittet EU-Partner zum letzten Tango
Mit Gesprächen über eine effizientere Politik zur Bekämpfung illegaler Migration hat der EU-Gipfel in Salzburg begonnen. Wegen des Zeitdrucks steht aber der Brexit im Zentrum.
Bei einem informellen EUGipfel wie dem in Salzburg gebe es „keine Ergebnisse, keine Beschlüsse“, weil man sich in einem lockeren Rahmen und frei von großen Tagesordnungen über die langfristigen Perspektiven unterhalten wolle. Die Staatsund Regierungschefs sollten sich offen aussprechen können, ohne Druck, vor allem über jene Themen wie Migration, die den Bürgern unter den Nägeln brennen.
Das hat Bundeskanzler Sebastian Kurz in den Tagen der Vorbereitung des Spitzentreffens in der Mozartstadt immer wieder besonders betont. Er ist als derzeitiger Präsident des Rates der Union der Gastgeber, er sorgte für ein künstlerisch inspiriertes Umfeld, in dem sich die Premierminister versammeln. Mittwochabend war es ein gemeinsames Arbeitsessen auf der Bühne der Felsenreitschule der Festspiele, auf das sich die Teilnehmer freuen konnten.
Am Donnerstag werden sie die Musikuniversität, das Mozarteum, ganz in Beschlag nehmen, um über die Zukunft der Union ohne Großbritannien zu reden.
Dass das aufgrund der angespannten Lage bei den Verhandlungen, die seit Monaten festste- cken, nicht ohne konkrete Entscheidungen abgehen kann, das machte ausgerechnet Kurzens Gipfelpendant, der Ständige Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, deutlich, noch bevor es überhaupt begonnen hatte.
Er verkündete in einer Pressekonferenz, dass es im November einen Sondergipfel in Brüssel in Sachen Brexit geben werde, zumindest werde er das seinen Kollegen vorschlagen. Er lobte auffallend den von der britischen Premierministerin Theresa May vorgelegten „Chequers-Plan“, der nicht nur unter den EU-27 umstritten ist, weil er „Rosinenpickerei“enthält; weil London damit gerne eine maßgeschneiderte Teilnahme am EU-Binnenmarkt durchsetzen würde (durch Warenfreiheit ohne Dienstleistungen), aber Verpflichtungen und Nachteile desselben aussparen möchte. Dennoch: Tusk sagte, viele der darin enthaltenen Vorschläge seien positiv. Noch immer seien allerdings „verschiedene Szenarien offen“. Nachbesserungen müsse es noch in der Irland-Frage bzw. bei den offenen Grenzen zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland im Süden geben, und bei der geplanten künftigen Wirtschaftskooperation.
Es gebe derzeit „mehr Hoffnung, aber uns läuft die Zeit da- von“, warnte Tusk. Das bestätigte sich in Salzburg auch durch weitere Forderungen, die May zum Gipfel mitgebracht hatte. Sie forderte die EU-Partner auf, „flexibler“auf die britischen Forderungen zu reagieren.
Insbesondere der französische Präsident Emmanuel Macron hatte das im Vorfeld des Gipfels dezidiert ausgeschlossen. Der Erhalt der Einheit des Binnenmarktes, die Stärkung der künftigen EU-27 seien nicht verhandelbar.
Tusk betonte, dass er einen Abschluss der Verhandlungen trotz der Widersprüche noch in diesem Herbst möchte. Nur dann kann Großbritanniens EU-Austrittsvertrag rechtzeitig vor dem Termin des Exits am 29. März 2019 auch im EU-Parlament verabschiedet werden. Kurz sagte später, ein Deal mit Großbritannien sei „eine Notwendigkeit“. Alles andere wäre ein Schaden für die Union.
Fortschritte bei Migration
Tusk betonte, dass sich auch in anderen Fragen die Dinge „trotz der aggressiven Rhetorik in die richtige Richtung bewegen“. Noch vor drei Jahren habe es zwei Millionen Neuankünfte von Migranten gegeben, diese Zahl sei inzwischen auf 100.000 gesunken, also auf ein Niveau, wie man es viele Jahre lang gehabt habe.
Wie berichtet, wird der Gipfel vor allem die Pläne zur Stärkung der EU-Grenzbehörde Frontex erörtern und wie man rascher zu Rückführungsabkommen mit afrikanischen Staaten kommen kann, um abgelehnte Asylwerber effektiver in ihre Herkunftsländer zurückbringen zu können.
Auch sollte ein Konzept für mehr Wirtschaftskooperation mit Afrika besprochen werden.