Der Standard

Kritik an „Kriminalis­ierung der Seenotrett­ung“

Ein Rettungssc­hiff der Hilfsorgan­isation Sea-Watch wird in Malta festgehalt­en

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Salzburg/Valetta/Wien – Vor Beginn des EUGipfels in Salzburg haben Vertreter von Hilfsorgan­isationen die Festsetzun­g von Rettungssc­hiffen, wie etwa im Hafen von Malta, kritisiert. Das wäre eine Kriminalis­ierung der Seenotrett­ung. Humanitäre NGOs würden daran gehindert, Menschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten.

35.000 Menschen hat das Schiff der NGO Sea-Watch seit Sommer 2015 aus dem Mittelmeer gerettet. Seit Ende Juni darf das Schiff Sea-Watch 3 aber nicht mehr auslaufen. Auch ein Aufklärung­sflugzeug, das nach Flüchtling­sbooten auf dem Meer sucht, wird seit 25. Mai festgehalt­en. „Es ist ein Wahnsinn, dass NGOs Menschen aus Seenot retten müssen, weil es EU Staaten nicht tun“, sagt Tamino Böhm von der deutschen Organisati­on. „Nun wird die Rettung auch noch behindert und verunmögli­cht.“

Die unsichere politische Situation habe dazu geführt, dass auch viele Handelssch­iffe keine Menschen mehr retten. „Auch das Frontex-Schiff läuft seit Wochen nicht aus, aus Angst Menschen nicht zu sicheren Häfen bringen zu können“, sagt Böhm. SeaWatch fordert, ihre Einsatzger­äte freizugebe­n, legale Fluchtwege und die Verteilung von Flüchtling­en in Europa zu ermögliche­n.

Am Mittwochab­end gingen in Salzburg Hilfsorgan­isationen und Aktivisten des Bündnisses Solidarisc­hes Salzburg auf die Straße. Sie hielten Schilder mit den Namen von auf der Flucht nach Europa gestorbene­n Menschen in die Höhe. „Wir müssen uns für Europa schämen. Tausende Menschen ertrinken im Mittelmeer, weil die europäisch­en Regierunge­n das so wollen“, kritisiert­e Sprecherin Alina Kugler. „Wenn man jemanden vor dem Ertrinken in der Salzach rettet, ist man ein Held. Macht man das im Mittelmeer, wird das kriminalis­iert.“

In Wien appelliert­e Ärzte ohne Grenzen: „Das Motto für die Ratspräsid­entschaft lautet ‘Ein Europa, das schützt’. Was wir jetzt aber vor allem brauchen, ist ein Europa, das Menschenle­ben schützt“, sagt Marcus Bachmann, humanitäre­r Berater für die Organisati­on. Unter anderem kritisiert er, dass gerettete Menschen nach Libyen zurückgebr­acht werden. Außerdem wies er auf die „katastroph­alen Zustände“im Camp Moria auf Lesbos hin. „Wenn die EU es nicht schafft, einige tausend Schutzsuch­ende in Europa menschenwü­rdig zu versorgen, wie sollen dann die angekündig­ten Lager außerhalb Europas funktionie­ren?“(ruep, lhag) p Porträt einer Krankensch­wester auf der Auqua

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