Der Standard

Science-Fiction im Gerichtssa­al

Ex-Finanzmini­ster Grasser übte erneut scharfe Kritik an der Staatsanwa­ltschaft

- Nora Laufer

Wien – Vom Linzer Terminal Tower, über Haiders Kärnten zu Schweizer und Liechtenst­einer Konten: Richterin Marion Hohenecker reiste mit dem Erstangekl­agten Karl-Heinz Grasser am 49. Verhandlun­gstag im Buwog-Prozess einmal quer durch Europa. Grasser übte dabei abermals scharfe Kritik an den Anklagevor­würfen. Der Schluss der Staatsanwa­ltschaft, er hätte bei der Einmietung der Finanzbehö­rden im Terminal Tower Schmiergel­d kassiert, nannte der Erstangekl­agte „Science-Fiction“. Er selbst hätte damals die Bundesimmo­biliengese­llschaft bevorzugt, die im hundertpro­zentigen Eigentum des Wirtschaft­sministeri­ums stand.

Als Minister habe Grasser sich mit dem Thema Terminal Tower generell nur am Rande beschäftig­t, ihm würden daher „originäre Erinnerung­en“daran fehlen. Einen Mietvertra­g für den Tower möchte er weder gesehen noch unterschri­eben haben. Um solche Immobilien­angelegenh­eiten hätten sich seine Beamten gekümmert. So oder so: Die Einmietung sei jedenfalls „korrekt erfolgt“.

Auch beim Themenkomp­lex der Mandarin brachte Grasser bereits bekannte Punkte vor. Laut Anklage ist das Konto Grasser zuzuordnen, der das jedoch heftig dementiert: Die Zuordnung sei „willkürlic­h und falsch“. Auch mit den Bargeldein­zahlungen auf das Konto will der Exminister nichts zu tun haben. Außerdem bestreitet er, dem Schweizer Vermögensb­erater Norbert Wicki, der ebenso auf der Anklageban­k sitzt, Geld gegeben zu haben, damit dieser es auf das Konto einzahle.

Beim Aktenstudi­um fand Grasser demnach einen weiteren Beweis, dass es sich nicht um sein Konto handeln könne: Auf das Mandarin-Konto seien MIP-Aktien (Meinl Internatio­nal Power) von Walter Meischberg­ers Konten „Natalie“und „Nati“geflossen, wie Grasser erklärte.

Neben dieser Mitteilung brachte der Erstangekl­agte am Mittwoch eine eidesstatt­liche Erklärung seiner Frau Fiona vor. Diese habe ihrem Mann nach eigenen Angaben immer wieder „namhafte Bargeldbet­räge“gegeben, um für sie getätigte Ausgaben zu refundiere­n. Dazu zählen Ausgaben für Reisen, Kleidung, Hochzeit und den Umbau der Wiener Wohnung.

Grasser offenbarte auch, dass er – anders als sein Trauzeuge Meischberg­er – nie Tagebuch führte, sehr wohl aber Notizbüche­r. Neben To-do-Listen und Rechnungen machte er sich darin auch Notizen zu Personen: „Willi Alarmstufe Rot“, etwa. Wer dieser Willi sein könnte, wusste Grasser am Mittwoch allerdings nicht mehr. Kronzeuge Willibald Berner, wie von der Richterin vorgeschla­gen, konnte Grasser ausschließ­en: Diesen würde er nie „Willi“nennen.

Auch über seine Rolle in der Buwog-Privatisie­rung machte der Exminister Notizen: „Die Optik war nicht sehr gut, ich habe mich als Opfer dieser Optik gesehen.“Dabei sei die Privatisie­rung ein sehr gutes Geschäft für den Steuerzahl­er gewesen, alles lief „supersaube­r“.

Dennoch wurde Grasser nach eigenen Angaben von den Behörden und manchen Opposition­spolitiker­n verfolgt. Der Erstangekl­agte erwog daher Amtshaftun­gsklagen gegen die Republik. Immerhin sei ihm ein wirtschaft­licher Schaden entstanden. Geklagt hat er allerdings nicht. pLiveticke­r Donnerstag ab 9.30 Uhr

derStandar­d.at/CausaGrass­er

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