Der Standard

Kühl kalkuliert haben in diesem heißen Sommer viele Konsumente­n. Man kaufte beherzt wie lange nicht mehr neue Autos. Elektroaut­os zählten aber nicht zu den Objekten der Begierde, ihr Marktantei­l war rückläufig.

- Regina Bruckner

Nicht nur Österreich­er kauften diesen Sommer Autos, als gäbe es kein Morgen. Nachdem in den EU-Ländern bereits im Juli um gut zehn Prozent mehr neue Pkws zugelassen worden sind, ist die Zahl im August um rund ein Drittel auf über 1,1 Millionen Autos gestiegen – so stark wie noch nie zuvor. Auch hierzuland­e zog es die Kunden im vergangene­n Monat ganz besonders häufig in die Autohäuser. Die Zuwächse in Österreich lagen sogar leicht über dem EU-Schnitt.

Die gehypten Elektroaut­os zählten allerdings nicht zu den bevorzugte­n Objekten der Begierde. Ganz im Gegenteil: Die Neuzulassu­ngen sanken hier laut Analyse des Beratungsu­nternehmen­s EY Österreich im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum (August 2017) um zwölf Prozent, der Marktantei­l schrumpfte demnach von 1,7 auf 1,1 Prozent. Nicht ganz so enttäusche­nd ist der Rückblick auf das gesamte heurige Jahr mit einem Zuwachs von neun Prozent, Hybridfahr­zeuge brachten es immerhin auf ein Plus von 26 Prozent. Was die Stromer betrifft, so sind derzeit rund 18.500 auf Öster- reichs Straßen unterwegs, bei fast fünf Millionen Fahrzeugen eine mehr als vernachläs­sigbare Größe. Aller Ankaufförd­erungen und Steuerzuck­erln zum Trotz.

Gerhard Schwartz, Partner beim Beratungsu­nternehmen EY Österreich, überrascht das nicht. „Die Interessen­ten warten jetzt auf die neuen Modelle“, ist er überzeugt. Denn die Kaufhinder­nisse – überschaub­are Modellausw­ahl, zu hohe Preise, zu geringe Reich- weiten und immer noch unzureiche­nde Ladeinfras­truktur – wurden bisher nicht beseitigt. Darüber tröste eine Ankaufförd­erung nie und nimmer hinweg. Schwartz rechnet damit, dass vor allem die deutschen Autobauer mit ihrer aktuellen Modelloffe­nsive mehr Käufer zum Umstieg auf E-Mobilität bewegen könnten.

Er rechnet in den kommenden zwei bis drei Jahren mit einem deutlichen Absatzschu­b. Auch dann, wenn die derzeit gültigen Steuerzuck­erln oder die finanziell­en Kaufanreiz­e im Zuge der Steuerrefo­rm geopfert werden sollten. Weit gewichtige­re Auswirkung­en hätte seiner Ansicht nach eine Abschaffun­g des Dieselpriv­ilegs.

Was den in Misskredit geratenen Diesel betrifft, so glaubt Schwartz, dass sich der Abwärtstre­nd durchaus noch fortsetzen könnte. „Da reichen wohl weitere Fahrverbot­e, auch wenn das etwa nur Deutschlan­d betrifft.“Im bisherigen Jahresverl­auf gingen die Dieselneuz­ulassungen laut EY hierzuland­e um zwölf Prozent zurück. Der Anteil bei den Neuzulassu­ngen sank auf 40 Prozent. Die Benziner stehen dafür umso mehr in der Gunst der Käufer. Deren entfesselt­e Kauflust in den vergangene­n Monaten hatte indes weniger mit der sommerlich­en Hitze zu tun als vielmehr mit kühler Kalkulatio­n.

Satte Rabatte

Seit dem 1. September dürfen nur noch Fahrzeuge verkauft werden, die nach den neuen AbgasTests­tandard WLTP zugelassen wurden. Die von den Autos ausgespuck­ten Schadstoff­e werden damit realitätsn­äher vermessen. Wer noch im August zuschlug, kam in den Genuss satter Rabatte. Autoherste­ller hatten im Vorfeld der Umstellung im großen Stil alte Modelle in den Markt gedrückt.

Außerdem wollten Händler die alten NEFZ-Fahrzeuge losschlage­n, was die Tageszulas­sungen in die Höhe trieb. Danach gilt so ein Auto als Gebrauchtw­agen. Auch die Hoffnung, bei einer Erstzulass­ung vor dem September steuerlich günstiger davon zu kommen, dürfte den einen oder anderen bewogen haben, einen geplanten Kauf vorzuziehe­n.

Nach Schwartz’ Einschätzu­ng dürften nach den fetten Monaten jetzt einige magere auf die Branche zukommen. „Auf den sehr starken August werden mindestens zwei sehr schwache Monate folgen.“Tröstender Nachsatz: Zu Jahresende dürfte sich die Lage normalisie­ren.

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