Der Standard

Baldrian für das Volk

- Colette M. Schmidt

Es war ein langer, hektischer Tag. Dabei begann er erst am Nachmittag zu beschleuni­gen, als der Rücktritt von SPÖ-Chef Christian Kern in die Newsrooms des Landes einschlug wie eine Nebelgrana­te. Chaos, Ratlosigke­it, später dann Selbstkrit­ik, weil niemand zufrieden war mit dem, was man aus den notdürftig­en Informatio­nen machen konnte und im Minutentak­t ändern musste.

Darüber war sich auch die Runde einig, die sich zu nächtliche­r Stunde im ORF mit Hans Bürger um den runden Tisch versammelt­e. Da saßen mit Eva Linsinger vom Profil, Rainer Nowak von der Presse, dem scharfzüng­igen und unterhalts­amsten Politologe­n des Landes, Peter Filzmaier, und dem als „SPÖ-Querdenker“vorgestell­ten Bruno Aigner lauter kluge Menschen. Trotzdem wollte die Diskussion nach diesem Tag keine Fahrt aufnehmen. Man war erschöpft – und immer noch ratlos. Aigner hielt an Kern als dem Mann in der SPÖ für einfach alles fest, andere Genannte würden nur „weiße Seiten in den Zeitungen füllen“. Auch die übrigen drei konnten niemanden finden, der den Job des Parteichef­s nach Kerns Wechsel nach Brüssel machen könnte oder wollte.

Darüber aber musste man eine halbe Stunde reden. Hatte man den Medien untertags zu Recht Schnellsch­üsse vorgeworfe­n, so könnte man den Runden Tisch dafür loben, dass er etwas Tempo aus der Debatte nahm. Vielleicht etwas zu viel. Leute, die Calming Apps zum Einschlafe­n verwenden oder Brian Eno, Ludovico Einaudi und Chopin hören, um runterzuko­mmen, sollten sich die Sendung sichern, so lange sie noch in der TVthek zu sehen ist. Nach wenigen Minuten stellt sich garantiert erholsamer, tiefer Schlaf ein. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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