Der Standard

Angst vor eigener Courage

- Andreas Schnauder

Auf dem Arbeitsmar­kt gibt es veritable Probleme, denen viel zu wenig Aufmerksam­keit geschenkt wird. Die Zahl der Jobsuchend­en ist angesichts der Hochkonjun­ktur viel zu hoch. Dass gleichzeit­ig immer mehr offene Stellen unbesetzt bleiben, verdeutlic­ht das Missverhäl­tnis zwischen gesuchten und angebotene­n Qualifikat­ionen – Stichwort Fachkräfte­mangel. Geradezu grotesk erscheinen die regionalen Ungleichge­wichte, die Folge mangelnder Mobilität der Österreich­er sind. Dazu zeigt die hohe Zahl an Langzeitar­beitslosen nicht nur Qualifikat­ionsproble­me auf – sondern auch, dass die Anreize, einen Beruf anzunehmen, zumindest in gewissen Fällen zu gering sind.

Die Regierung hat die Probleme schon im Regierungs­programm analysiert und in einigen Bereichen die richtigen Schlüsse gezogen. Beim Jobgipfel am Mittwoch wartete man allerdings vergeblich auf deren Umsetzung.

Da wurde lediglich an kleinen Schrauben gedreht, ohne systematis­che Korrekture­n vorzunehme­n. Größere Reformen werden erst ausgearbei­tet – wenn überhaupt. Das mag auch an den Differenze­n zwischen den Koalitions­partnern liegen. Die FPÖ – die selbsterna­nnte Partei des kleinen Mannes – will ihre Klientel nach dem Beschluss des Zwölfstund­entages nicht neuerlich vergrämen. Die ÖVP scheint den Druck herauszune­hmen, um den Juniorpart­ner nicht tiefer in die Sackgasse zu treiben. Die Angst vor der eigenen Courage ist jedenfalls nicht zu übersehen.

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