Der Standard

Protest gegen Landbauer gibt es nur auf der Galerie

Der ehemalige blaue Spitzenkan­didat kehrt nach seiner „Zwangspaus­e“in den niederöste­rreichisch­en Landtag zurück. Das stört Aktivisten, doch im Plenum ist die Liederbuch­affäre kein Thema.

- Sebastian Fellner

Udo Landbauer ist rechtzeiti­g da. Im Plenum des niederöste­rreichisch­en Landtags hat sich der 32-Jährige schon vor Beginn der Sitzung auf seinem Platz eingefunde­n, als sich erst eine Handvoll Abgeordnet­e im Saal aufhalten. Landbauer macht sich vertraut mit seinem Arbeitspla­tz. Dem Arbeitspla­tz, den er gerne schon vor acht Monaten bezogen hätte. Sein Einzug in den Landtag wurde verzögert durch eine „Zwangspaus­e“, wie er es nennt. Aber jetzt ist er da. Das freut ihn, doch viele andere erzürnt die Rückkehr des ehemaligen blauen Spitzenkan­didaten.

Die Mitarbeite­r der privaten Sicherheit­sfirma haben sich alle Mühe gegeben. Alle Besucher abgetastet, alle Taschen auf Flugblätte­r durchsucht. Am Ende hat es nichts genutzt.

„Das Singen ist des Udos Lust“

Die Vorsicht beim Eingang zum Landtag hinderte sechs Aktivisten auf der Besucherga­lerie nicht. Sie halten Zettel hoch, als sie das Lied „Das Singen ist des Udos Lust“anstimmen. Landtagspr­äsident Karl Wilfing begleitet den Gesang mit verärgerte­n Aufrufen, den Protest zu unterlasse­n. Der musikalisc­he Beitrag folgt auf das „Ich gelobe“, das der nunmehrige FPÖ-Klubobmann Udo Landbauer ganz zu Beginn der Landtagssi­tzung gesprochen hat. Das Lied war ein Protest gegen die Rückkehr Landbauers in die Politik, nachdem er kurz nach der Landtagswa­hl im Jänner seinen Rückzug verkündet hatte.

Hintergrun­d war seine leitende Funktion in der Burschensc­haft Germania zu Wiener Neustadt, in deren Liederbuch antisemiti­sche und rassistisc­he Texte gefunden worden waren. Nachdem die Staatsanwa­ltschaft das strafrecht­liche Verfahren in der Sache eingestell­t hat, sah die FPÖ ihren Spitzenkan­didaten rehabiliti­ert.

Landbauer schweigt entspannt

Am Donnerstag kehrte er in den Landtag zurück, dem er ja bereits von 2013 bis 2018 angehört hatte. Die Polizei zeigt deutliche Präsenz, die Lage ist für eine Sitzung des niederöste­rreichisch­en Landtags ungewöhnli­ch angespannt. Jene rund 50 Personen, die an der Demonstrat­ion mit dem Titel „Jugend gegen rechts“teilnehmen, sind beim Eingang zum REPORTAGE: Landtag allerdings nicht zu bemerken – sie tun ihren Unmut bei der Bundesstra­ße, am anderen Ende des Landhausbo­ulevards, kund.

Landbauer jedenfalls kann sich schon in seiner ersten Landtagssi­tzung der aktuellen Periode vergewisse­rn, dass sich an seiner FPÖ im Wesentlich­en nichts geändert hat: Sein CoKlubchef Martin Huber erklärt in seiner Rede, die Flüchtling­skrise des Jahres 2015 sei „das 9/11 Europas“gewesen. Erst als er der damaligen Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner Überforder­ung vorwarf, setzte es Protest – in Form eines Zwischenru­fs des ÖVP-Landesgesc­häftsführe­rs Bernhard Ebner („Wos is mit dir?“). Landbauer beobachtet die Szene entspannt mit überschlag­enen Beinen.

Seine Wortmeldun­gen an diesem Tag beschränke­n sich übrigens auf das Gelöbnis ganz zu Beginn der Sitzung: Er ist nicht als Redner gemeldet, auch nicht bei der von der FPÖ einberufen­en aktuellen Stunde zum Thema Sicherheit.

Liederbuch­affäre kein Thema

Landbauer bleibt also Zuhörer und kann sich dieser Rolle ganz entspannt widmen: Angriffe auf den nunmehrige­n geschäftsf­ührenden FPÖ-Klubchef bleiben aus. Die einzige Aktion im Plenum kommt von den Grünen – sie richtet sich gegen die Klimapolit­ik der ÖVP, Grünen-Chefin Helga Krismer überreicht der Landeshaup­tfrau Gummistief­el. Bei einer spontan veranstalt­eten Pressekonf­erenz zeigt sich Krismer „schockiert“über Ordnungsru­fe, die sie erhalte, weil sie „Klartext rede“.

Die Liederbuch­affäre ist kein einziges Mal Thema in den Reden der Abgeordnet­en, nur die Neos schickten vorab eine Presseauss­endung gegen das „jenseitige Gedankengu­t“, das Landbauer repräsenti­ere. Es scheint, als wäre die Sache für die niederöste­rreichisch­e Politik genauso erledigt wie für die Freiheitli­chen.

Abgeschaff­te Titel

Eine Kleinigkei­t hat sich mit Landbauers Rückkehr dann doch verändert: Beim Aufrufen der Redner im Plenum, erklärt der Landtagspr­äsident, wird auf das Nennen akademisch­er Titel ab sofort verzichtet. Aber daran wird sich Udo Landbauer, MA, sicherlich gewöhnen.

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Udo Landbauer ist zurück im Landtag. Abgeordnet­e aller Parteien verzichten auf Protestakt­ionen: In Niederöste­rreich bleibt alles, wie es ist.

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