„Wir haben, typisch deutsch, erst einmal viel in die Standards investiert“
Für Audi-Entwickler Ulrich Widmann ist der e-tron, der im ersten Quartal 2019 lanciert wird, ein „überlegenes Package“. 2022 steht dann die Brennstoffzelle an.
INTERVIEW: Standard: Tesla hat bisher die ganze Branche vor sich hergetrieben. Widmann: Wir brauchen nicht drum herumreden. Tesla hat den Markt angefeuert. Aber wir hatten das schon lange auf der Roadmap. Waren vielleicht nicht so entschlossen wie Tesla, weil wir warten wollten, bis andere Voraussetzungen erfüllt sind, wie die Infrastruktur. Wir haben, typisch deutsch, erst einmal viel in die Standards investiert. Denn eine mangelnde Infrastruktur ist der Hauptkaufverhinderer. Wir wollten keinen proprietären Standard machen wie Tesla. Das hat Musk einen Tempovorteil gegeben, den ihm prestigemäßig niemand mehr nehmen kann – wird aber long term ein Nachteil werden.
Standard: „Vorsprung durch Technik“war auf dem Gebiet zuletzt aber schwer argumentierbar. Widmann: Ja, da kann man sehr kritisch sein. Das ist nicht immer nur eine Frage der Technik, sondern eine gesamtunternehmerische Fragestellung: Wann ist der richtige Zeitpunkt? Wir haben’s jetzt gemacht, wir sind froh, dass wir fertig sind, und ich glaube, dass es ein überlegenes Package ist. Standard: Direkter Gegner Mercedes EQA – eine Einschätzung? Widmann: Wenn ich Audianer bin, kann ich mich entspannt zurücklehnen. Ich glaube, dass Mercedes auch vor der Wahl stand, wie man schnell zu einem elektrischen Auto kommt. Ich glaube, dass – bezogen auf Kundenerwartungen – wir den größeren Schritt machen.
Standard: Leistung und Batteriepackage sind relativ vergleichbar. Widmann: Ja, aber wir haben Luftfederung, können das Auto auf der Autobahn sauber absenken, das bringt Verbrauchsvorteile. Wir haben ihm einen guten c -Wert mitgegeben, ein paar kWh mehr.
Standard: Sie definieren gerade Kernkompetenzen neu. E-Motoren sind so ein Beispiel. Was noch? Widmann: Für uns sind bei der EMobilität Motoren und Batterien klar eigenschaftsprägende Technologien. Wir machen das grundsätzlich selbst, was uns vorm Kunden differenziert. Man hätte genauso sagen können: E-Motoren kann man überall kaufen. Die decken aber eher Mainstream ab, nicht den Premiumbereich. Drum haben wir auch die Batterie, das Gehäuse selbst entwickelt, die Module, nicht die Zellen, die kaufen wir.
Standard: Rechnet sich der e-tron? Er ist ja ein Solitär, steht noch nicht auf dem neuen Baukasten. Widmann: Wir haben natürlich das Ziel, mit den Autos Geld zu verdienen. Und ja, es ist ein single shot – wobei wir aber noch ein zweites Autos draufbringen.
Standard: Wann kommen die ersten Autos der neuen Architektur? Widmann: Wir haben die PPE (Premium Plattform Elektro) für Ende ’21, Anfang ’22 terminiert. Darauf kommen dann Flachbodenautos – klassische Limousinen, richtige, nicht so halbseidene –, aber auch SUVs, Segmente B bis D. Für kleinere Autos realisieren wir Lösungen auf MEB (Modularer Elektrifizierungsbaukasten), den VW Ende 2019 zum Einsatz bringt.
Standard: 2022: Auf PPE wird dann auch die Kleinserie mit Wasserstoffbrennstoffzelle gestartet? Widmann: Brennstoffzelle können wir auf mehreren Plattformen realisieren, auch auf der des e-tron. Wir pushen die Technologie erst einmal, weil alle heutigen Lösungen viel zu wenig Leistung haben. Leistungsansprüche, wie sie ein sportliches Konzept erfordert, da haben wir noch wenig gesehen.
ULRICH WIDMANN, operativer Leiter technische Entwicklung Audi.