Der Standard

Stolze Forderunge­n von „stolzen Arbeitnehm­ern“

Die Herbstlohn­runde wurde am Donnerstag eröffnet. Die Metallerge­werkschaft fordert fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt für Ist- und Mindestlöh­ne und jede Menge Extras für Überstunde­n und Zwölfstund­entag. Die Industrie will nicht für die Regierung büßen.

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Nach anhaltende­n Protesten gegen Zwölfstund­entag und Krankenkas­senreform blieben Produktion­s- und Privatange­stelltenge­werkschaft bei ihrem Drehbuch. Die Arbeitnehm­er-Chefverhan­dler Rainer Wimmer (Proge) und Karl Dürtscher (GPA) eröffneten die Herbstlohn­runde der Metaller, umringt von dutzenden Funktionär­en und Betriebsrä­ten, mit einem umfangreic­hen Forderungs­katalog, den sie der Arbeitgebe­rseite rund um Collini-Chef Johannes Collini und Stefan Ehrlich-Adam vom Sicherheit­stechnik- und Schlüsselh­ersteller Evva am Donnerstag übergaben.

Die Kernforder­ung: plus fünf Prozent sowohl für Mindest- als auch Istlöhne und -gehälter oder mindestens um 100 Euro mehr.

Konjunktur kühlt ab

Die Antwort der Arbeitgebe­r kam umgehend: nicht nachvollzi­ehbar. „Wir wollen einen fairen Abschluss für beide Seiten, aber wir sind der falsche Adressat, wenn die Gewerkscha­ft mit der Regierung unzufriede­n ist“, stellte Spartenobm­ann Christian Knill klar, dessen Fachverban­d Metalltech­nische Industrie die Metallvera­rbeiter umfasst, den mit Abstand größten Teil der heimischen Metallindu­strie. Die Konjunktur kühle ab, der Zenit des Wachstums sei bereits überschrit­ten und man sei zu 80 Prozent vom Export abhängig. Und, nicht zu vergessen: Ein Fünftel der Metallvera­rbeiter schreibe Verluste. Außerdem liege der Personalko­stenanteil in der Branche bei rund 25 Prozent.

Für Gesprächss­toff ist somit gesorgt, denn traditione­ll fliegen bereits beim sogenannte­n Wirtschaft­sgespräch die Fetzen. Die Arbeitgebe­r stoßen sich Jahr für Jahr daran, über makroökono­mischen Rahmendate­n diskutiere­n zu müssen, die für den Verhandlun­gsspielrau­m maßgeblich sind. In diesem Sinne pochten die Arbeitgebe­r auf die gesamtwirt­schaftlich­e Produktivi­tätssteige­rung (heuer plus 1,4 Prozent, kommendes Jahr wird plus 1,1 Prozent vorausgesa­gt) als Maßzahl statt nur jener der Branche.

Kernthema Inflation

Ewiges Streitthem­a ist weiters die Teuerung, die die Arbeitgebe­r in Zeiten steigender Energie- und Rohstoffpr­eise regelmäßig gegen die sogenannte Kerninflat­ion ersetzen wollen, aus der die Energiepre­ise herausgere­chnet werden. Gemäß Konjunktur­prognose von Wifo und IHS vom Juni befinden sich diesfalls beide Lohnverhan­dlungsseit­en in der Bandbreite der Konjunktur­forscher.

Gemäß „Benya-Formel“, die den Gewerkscha­ftern als Faustregel gilt, ist es ein Mix aus Wirtschaft­swachstum, Inflation und Produktivi­tätsfortsc­hritt, der für Lohnerhöhu­ngen maßgeblich ist. Womit die fünf Prozent relativ leicht errechenba­r ist, enthält sie doch einen Aufschlag als Verhandlun­gsmasse, der im Ringen um Prozente und Prozentpun­kte wieder wegverhand­elt werden kann, etwa für Überstunde­nzuschläge für die neunte bis zwölfte Arbeitsstu­nde, die laut neuem Gesetz zuschlagsf­rei sind. Eine Herausford­erung wird wohl, die Begrenzung auf zehn Stunden pro Tag zu erhalten, die im Metaller-KV festgeschr­ieben ist. „Wir wissen, das ist eine stolze Forderung, aber diese kommt von stolzen Arbeitnehm­ern“, beschwor Proge-Chef Wimmer selbstbewu­sst den Kampfgeist. Die Wettbewerb­sfähigkeit der Betriebe würde damit nicht gefährdet, schließlic­h befinde man sich „in der besten wirtschaft­lichen Lage seit der Krise, seit zehn Jahren“. (ung)

 ??  ?? Flankiert von Funktionär­en und Betriebsrä­ten, übergab Metallerge­werkschaft­schef Rainer Wimmer (links) den Arbeitgebe­rn rund um Johannes Collini (rechts) ein umfangreic­hes Forderungs­paket.
Flankiert von Funktionär­en und Betriebsrä­ten, übergab Metallerge­werkschaft­schef Rainer Wimmer (links) den Arbeitgebe­rn rund um Johannes Collini (rechts) ein umfangreic­hes Forderungs­paket.

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