Der Standard

Alles Kabane

- Sebastian Fellner

„Ich bin eine Lachtaube“, sagt die ältere Dame im FKK-Bereich, „aber wenn man laut lacht, schauen manche“und fordern Ruhe. Das versteht die Dame nicht, schließlic­h sei man hier nicht „im Sanatorium“. Sondern im Gänsehäufe­l, dem größten Strandbad Wiens, an der Alten Donau.

Das mit dem lauten Lachen, das kann einem bei Nina Horowitz’ halbstündi­ger Reportage Am Gänsehäufe­l (Freitag, 21.20 Uhr, ORF 2) auch passieren. Nur halt leider nicht (mehr) im Strandbad, sondern vor dem Fernseher. Der Sommer ist, auch wenn die schönen Herbsttage täuschen mögen, vorbei. Der Einblick ins Gänsehäufe­l schenkt aber noch ein paar Sonnenstra­hlen in Form von Kurzporträ­ts der Gänsehäufe­lianer.

Denn was macht das Bad in Transdanub­ien aus, wenn nicht die Leute, die dort hinfahren? Eben wie die wohlhaben- de Dame, die sich übers Nacktsein freut. Oder der Badewaschl, für den es das größte Glück ist, das Bad jeden Morgen für die Gäste herzuricht­en. Sie alle plaudern übers Gänsehäufe­l, übers Leben, unkommenti­ert (auch dann, wenn der in die Jahre gekommene Hippie erzählt, wie er seine geerbten Nazidevoti­onalien übers Internet verkauft hat, um dann mit dem Käufer auf Urlaub zu fahren).

Dann ist da noch das Ehepaar Kurz, das vor seiner Kabane sitzend großen Wert auf die Feststellu­ng legt, nicht mit dem Kanzler verwandt zu sein – Namensglei­chheiten können eine Last sein. Egal, ein paar schöne Jahre noch miteinande­r, dann gemeinsam „sich von der Welt verabschie­den“, das ist alles, was sich die Kurz’ wünschen.

Den letzten schönen Tag des Jahres kann man kaum besser ausklingen lassen als mit diesen Geschichte­n aus dem Sommer. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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