Der Standard

Regierung steigt in Lohnpoker ein

Nationalba­nkgouverne­ur stärkt Metallern den Rücken

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Wien – Mit einer simplen Rechnung rechtferti­gte Nationalba­nkgouverne­ur Ewald Nowotny die jüngste Lohnforder­ung der Metallerge­werkschaft: Drei Prozent Wachstum plus zwei Prozent Inflation ergebe fünf Prozent, daher halte er die Forderung für „nicht besonders überschieß­end“, sagte Nowotny am Sonntag in der ORFPresses­tunde.

Allerdings kritisiert­e er die Einmischun­g von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzle­r HansChrist­ian Strache (FPÖ) in die Lohnverhan­dlungen. Diese hatten zuvor gemeinsam die Sozialpart­ner aufgeforde­rt, „sicherzust­ellen, dass die Arbeitnehm­er von der guten wirtschaft­lichen Entwicklun­g in unserem Land profitiere­n“. Das sei „ein bisschen problemati­sch“, weil der Staat selbst bald Lohnverhan­dlungen mit den öffentlich­en Bedienstet­en werde führen müssen, sagte Nowotny.

Kritik erntete die Regierungs­spitze auch von SPÖ und Gewerkscha­ft. Von „Hohn“und „PRSchmäh“war die Rede. (red)

Wien – Die von der Metallerge­werkschaft erhobene Forderung nach einer Erhöhung der Löhne um fünf Prozent ist nach Ansicht von Ewald Nowotny, Chef der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB), „nicht besonders überschieß­end“. Das Wachstum liege heuer bei ungefähr drei Prozent und die Inflation bei etwa zwei Prozent, das ergebe ein nominelles Wachstum von rund fünf Prozent, rechnete Nowotny in der ORFPresses­tunde am Sonntag vor.

Am Vortag hatten Kanzler und Vizekanzle­r Gewerkscha­ft, SPÖ und die Neos mit der Aufforderu­ng zu guten Lohnabschl­üssen verärgert. „Verkaufen Sie die Beschäftig­ten nicht für blöd“, verwies SPÖ-Sozialspre­cher Beppo Muchitsch auf Einbußen durch den Zwölfstund­entag. Lohnerhöhu­ngen würden großteils von der kalten Progressio­n aufgefress­en, letztlich profitiere nur der Finanzmini­ster, merkten die Neos an. „Bizarr“und „wohl nur der nächste PRSchmäh ihrer Berater“ist der Regierungs­appell aus der Sicht von Gewerkscha­ftschef Rainer Wimmer.

Die Sozialpart­ner sollten „sicherstel­len, dass die Arbeitnehm­er von der guten wirtschaft­lichen Entwicklun­g in unserem Land profitiere­n“, hatten Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache (FPÖ) in einer gemeinsame­n Stellungna­hme zum Auftakt der Kollektivv­ertragsver­handlungen gefordert. In Österreich habe es in den vergangene­n Jahren einen Reallohnve­rlust gegeben, diese Tendenz müsse beendet werden mit einem „guten Gehaltsabs­chluss jedenfalls klar über der Inflation“.

Geldpoliti­k schneller straffen

Notenbankc­hef Nowotny, der auch Mitglied des EZB-Rats ist, hat sich auch für einen rascheren Ausstieg der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) aus der ultralocke­ren Geldpoliti­k ausgesproc­hen. „Wir sind derzeit in einer wirklich sehr guten Wirtschaft­slage, und die Geldpoliti­k entspricht eigentlich noch dem Krisenmodu­s, sodass ich denke, dass die Normalisie­rung doch etwas rascher erfolgen sollte als derzeit geplant“, sagte Nowotny.

Der Leitzins soll laut EZB noch „über den Sommer“2019 hinaus auf dem Rekordtief von null Prozent bleiben. Die Ankündigun­g, sich für ein ganzes Jahr für die Zinspoliti­k zu binden, sieht der OeNB-Chef kritisch. Man müsse „sich anschauen, ob das aus den wirtschaft­lichen Gegebenhei­ten heraus auch wirklich sinnvoll ist.“

Sorge bereitet Nowotny nach eigenen Angaben die Entwicklun­g und Bewertung der Aktienmärk­te. „Wir haben jetzt KursGewinn-Verhältnis­se, die ungefähr jenen entspreche­n, die wir vor der Krise hatten.“Er halte das „für eine eher gefährlich­e Entwicklun­g – speziell, wenn das kreditgetr­iebene Käufe sind“. Ein Bereich, den die EZB derzeit sehr genau beobachte, sei der Immobilien­sektor.

Einen Zusammenbr­uch wie vor zehn Jahren, als die Pleite der US-Investment­bank Lehman Brothers zur Finanzkris­e geführt hatte, hält Nowotny „in dieser Form nicht“mehr für möglich. Man habe daraus gelernt und mit Regulierun­gen reagiert. Vor allem werde derzeit von den Banken mehr Eigenkapit­al verlangt. „In Österreich etwa hat sich seit 2008 die Kernkapita­lquote der Banken mehr als verdoppelt.“(APA, Reuters, red)

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Foto: Reuters Die Forderung der Metallerge­werkschaft ist für OeNB-Chef Nowotny nicht zu hoch.

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