Der Standard

Kopf des Tages

Unerwartet­er Sieger im Inselparad­ies

- Michael Vosatka

Der Opposition­skandidat Ibrahim Mohamed Solih gewann überrasche­nd die Präsidents­chaftswahl­en auf den Malediven.

Der Wahlsieg des Opposition­skandidate­n Ibrahim Mohamed Solih auf den Malediven war eine große Überraschu­ng: Einhellig hatten Beobachter zuvor die Ansicht vertreten, dass die Wiederwahl des autoritär regierende­n Präsidente­n am Sonntag nur eine Formsache sei. Doch am Ende kam Amtsinhabe­r Abdulla Yameen trotz Unterdrück­ung der Opposition nur auf rund 42 Prozent der Stimmen. Noch am Tag vor der Wahl hatte die Polizei die Zentrale der Demokratis­chen Partei MDP in Malé gestürmt, am Montag blieb Yameen nur, seine Niederlage einzugeste­hen. „Ich akzeptiere das Ergebnis“, sagte der Wahlverlie­rer nach einem Treffen mit seinem Herausford­erer Solih.

Ibu, wie der neue Präsident genannt wird, ist der Ersatzkand­idat der MDP für den ersten demokratis­ch gewählten Präsidente­n Mohamed Nasheed. Dieser gewann 2008 die Wahl gegen Yameens Halbbruder Maumoon Abdul Gayoom, der den Inselstaat zuvor jahrzehnte­lang mit harter Hand regiert hatte. 2012 musste Nasheed unter dem Druck eines Putschvers­uchs zurücktret­en, er wurde später zu 13 Jahren Haft verurteilt und lebt mittlerwei­le im Exil. Solih und Nasheed gelten als enge Freunde, Solihs Frau Fazna Ahmed ist darüber hinaus die Cousine Nasheeds. Mit ihr hat Solih zwei erwachsene Kinder.

Ibu wurde ungefähr 1964 als eines von 13 Geschwiste­rn auf der Insel Hinnavaru geboren. Bereits seit 1994 ist er Mitglied im Majlis, dem Parlament des kleinsten Staates Asiens mit nicht einmal einer halben Million Einwohnern. Ab 2004 war er an der Ausarbeitu­ng der neuen Verfassung, die den Malediven mehr Demokratie bringen sollte, ebenso beteiligt wie an der Gründung der MDP 2003. Im Majlis hat er den Vorsitz der MDPFraktio­n inne.

Während Nasheed auf wirtschaft­liche Nähe zu Indien setzte, orientiert­e sich Yameen vor allem an den Chinesen. Erst Ende August wurde die von China finanziert­e Sinamalé-Brücke eröffnet – die erste Brücke, die zwei Inseln der Malediven verbindet. Solih will die Abhängigke­it von China verringern und für einen Ausgleich mit Indien sorgen. Die Interessen der Regionalmä­chte zu bedienen und demokratis­che Strukturen wiederherz­ustellen sind jedoch nicht seine einzigen Aufgaben. Immer dringliche­r werden die Folgen des Klimawande­ls – der höchste Punkt der 26 Atolle liegt gerade einmal 2,4 Meter über dem Meeresspie­gel. Dazu ist auch auf den Malediven der radikale Islam auf dem Vormarsch.

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Foto: Reuters Ibrahim Mohamed Solih wird Präsident der Malediven.

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