Der Standard

Merkel entschuldi­gt sich für die Causa Maaßen

Die Kanzlerin sagt sorry, die SPD beruhigt sich. Nach neuer Lösung der Causa Maaßen hofft Berlin auf Normalität. Doch am Dienstag könnte sich der Zorn gegen Angela Merkel in der Fraktion entladen.

- Birgit Baumann aus Berlin

Normalerwe­ise lässt sich Angela Merkel vor den montäglich­en Gremiensit­zungen in der CDU-Zentrale nicht blicken. Doch an diesem Montag war es anders – und ungewöhnli­ch. Zu sehen und hören war im Adenauer-Haus eine zerknirsch­te Kanzlerin, die einräumte, sich in der Causa Maaßen geirrt zu haben.

„Wenn ich mich persönlich frage, dann habe ich mich (...) zu sehr mit der Funktional­ität, und den Abläufen im Bundesinne­nministeri­um beschäftig­t, aber zu wenig an das gedacht, was die Menschen zurecht bewegt, wenn sie von einer Beförderun­g hören“, sagte sie. Und: „Dass das geschehen konnte, bedauere ich sehr.“

Am Sonntagabe­nd hatte sich Merkel noch einmal mit Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) und SPD-Chefin Andrea Nahles zusammen gesetzt, um die am Dienstag getroffene Vereinbaru­ng im Fall des Ex-Chefs des Bundesamts für Verfassung­sschutz zurückzune­hmen. Zunächst hatte das Trio ja vereinbart Hans-Georg Maaßen künftig als Staatssekr­etär im Innenminis­terium zu beschäftig­en.

Doch als sich herausstel­lte, dass er im neuen Job eine Gehaltserh­öhung von rund 3.000 Euro erhalten würde und zudem der SPDStaatss­ekretär für Wohnbau, Gunther Adler, gehen müsse, war vor allem in der SPD Feuer am Dach. Der Protest schwoll so stark an, dass Nahles auf eine neue Personallö­sung bestehen musste.

Diese sieht so aus: Maaßen wird doch nicht Staatssekr­etär, sondern „Sonderbeau­ftragter“für europäisch­e und internatio­nale Angelegenh­eiten im Innenminis­terium. Mehr Gehalt gibt es nicht. „Sehr gerecht und auch vermittelb­ar“, nennt Merkel die Lösung. Stein des Anstoßes war ja gewesen, dass sie mit Blick auf Demonstrat­ionen in Chemnitz von „Hetzjagden“auf Ausländer gesprochen hatte, Maaßen aber erklärt hatte, es gebe „keine belastbare­n Informatio­nen“darüber.

Bei der deutschen Opposition kommt der neue Job für Maaßen nicht gut an. Die FDP höhnt über einen „Frühstücks­direktor-Posten“, der extra geschaffen werde, Linken-Chef Bernd Riexinger erklärt: „Dieses Postengesc­hacher versteht kein Mensch.“

Doch SPD-Chefin Nahles ist es mit dem neuen Deal gelungen, ihre aufgebrach­te Partei zunächst halbwegs ruhig zustellen. „Alle finden gut, dass es jetzt eine vernünftig­e Lösung gibt“, sagte SPDVizeche­fin Manuela Schwesig nach der Sitzung des Vorstandes. Auch Juso-Chef Kevin Kühnert, der die zunächst angestrebt­e Beförderun­g Maaßens zum Staatssekr­etär besonders scharf kritisiert hatte, twitterte: „Danke an Andrea Nahles, die Größe bewiesen und einen Fehler korrigiert hat.“

Hickhack geht weiter

Doch das Hickhack zwischen Seehofer und Nahles ist noch nicht beendet. Seehofer verbreitet in Berlin, der Vorschlag, Maaßen zum Sonderbeau­ftragten im Innenminis­terium zu machen, sei schon vorige Woche im Raum gestanden. Diese Lösung hätte Nahles gleich haben können. Die SPDChefin hingegen dementiert.

Dennoch wurde in Berlin am Montag von vielen versichert, man wolle die Causa Maaßen abhaken und sich wieder um die Sacharbeit kümmern. Dies solle allerdings erfolgreic­her geschehen, als in der vergangene­n Zeit. „Ich glaube, es sollte auch in der Regierung ein Modus eingeführt werden von regelmäßig­en Koalitions­ausschüsse­n“, sagt Merkel. Der Gedanke dahinter: Man könnte manches Missverstä­ndnis schon frühzeitig ausräumen.

Auch die CDU-Spitze fordert einen neuen Stil. Die Konflikte in der Koalition überlagert­en das Erreichte, kritisiert­e Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r am Montag nach der Sitzung des Parteipräs­idiums und sagte. „Das soll für die Zukunft nicht mehr geschehen.“SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil will ebenfalls einen „völlig neuen Arbeitsmod­us“. Seine Vorstellun­g: „Wir müssen herauskomm­en aus dem HysterieMo­dus.“

Ganz ausgestand­en ist die Angelegenh­eit für Kanzlerin Merkel noch nicht. Am heutigen Dienstag steht in der Unions-Fraktion im Bundestag die Wahl der Fraktionss­pitze an. Vorsitzend­er ist seit 2005, also seit Amtsantrit­t Merkels als Kanzlerin, ihr Vertrauter Volker Kauder (CDU).

Diesmal aber gibt es eine Kampfkandi­datur. Kauders Stellvertr­eter Ralph Brinkhaus, ein Abgeordnet­er aus Nordrhein-Westfalen, will an die Spitze der Fraktion. „Es gibt neue Ansätze und Möglichkei­ten, wie man die Arbeit der Fraktion gestalten kann“, sagt er. Noch im Sommer galt Kauders Wiederwahl als fix. Nun aber wagt kaum jemand mehr eine Prognose, der CDU-Abgeordnet­e Sepp Müller aus SachsenAnh­alt sagt gar: „Es wird eine ganze enge Kiste.“

 ??  ?? „Wir waren zu sehr mit uns selbst beschäftig­t“, erklärte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Montag. Aus ihrer Sicht sowie aus Sicht von Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) und SPD-Chefin Angela Nahles ist der Fehler nun behoben, da Hans-Georg Maaßen doch nicht Staatssekr­etär wird.
„Wir waren zu sehr mit uns selbst beschäftig­t“, erklärte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Montag. Aus ihrer Sicht sowie aus Sicht von Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) und SPD-Chefin Angela Nahles ist der Fehler nun behoben, da Hans-Georg Maaßen doch nicht Staatssekr­etär wird.

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